(ots) - 1.300 unbegleitete geflüchtete Kinder sind aufgrund
der rigiden Grenzpolitik und unzureichender Schutzsysteme auf der
gesamten Balkanroute verstärkt von Ausbeutung, Gewalt und
Menschenhandel bedroht. Zu diesem Schluss kommen 12 nationale und
internationale Hilfsorganisationen, darunter das International Rescue
Commitee und Save the Children, in ihrem gemeinsamen aktuellen
Bericht "Out of Sight, Exploited and Alone". Mit dem Bericht
beleuchten die Organisationen Probleme, die sich zu großen Teilen im
Verborgenen abspielen. Denn viele geflüchtete Kinder entlang der
Balkanroute vermeiden registriert zu werden und tauchen ab, da sie
die Behörden fürchten und hoffen nach Mitteleuropa zu gelangen.
Die staatlichen Sozialsysteme entlang der Balkanroute versagen zu
einem großen Teil darin, die Lage dieser besonders gefährdeten Kinder
richtig einzuschätzen und sie entsprechend zu unterstützen. Die
jüngsten Kinder sind erst 9 Jahre alt und haben eine über 1.000
Kilometer lange Flucht vor Krieg oder extremer Armut ohne Eltern oder
erwachsene Begleitpersonen hinter sich. Sie bleiben für die meisten
Behörden unsichtbar. Selbst wenn sie identifiziert sind, werden sie
unter unzureichenden Bedingungen festgehalten oder sogar eingesperrt.
In dieser aussichtslosen Lage verzweifeln die Kinder und werden so
noch mehr in die Hände von Schmugglern und Menschenhändlern
getrieben, die ihnen als ihre letzte Hoffnung erscheinen.
Seit vor einem Jahr die Grenzen geschlossen und der EU-Türkei-Deal
verabredet wurden, sind die Risiken für Kinder erheblich gestiegen.
Weil unbegleitete Kinderflüchtlinge auf ihrer Flucht wegen der
mangelhaften Registrierungen unerkannt bleiben, sind sie noch
abhängiger von Schleppern und Menschenhändlern. Der Bericht zeigt,
wie diese Kinder von Schmugglern missbraucht und ausgebeutet werden,
um sich das Geld für die Flucht Richtung Norden zu verdienen. Während
viele versuchen, sich den massiven Stress, die Gefahren und die
Vernachlässigung nicht anmerken zu lassen, zeigen ihre selbst
gemalten Bilder schaurige Details der Brutalität, der sie auf der
Reise ausgesetzt sind, die sie eigentlich in Sicherheit bringen
sollte.
"Die nationalen Behörden auf dem Balkan sind überfordert, die
Kinder zu registrieren und zu schützen", beklagt Jelena Besedic,
Advocacy Manager für Save the Children in Serbien. "Vor Ort gibt es
weder geeignete Unterbringungen noch ausreichend qualifizierte
Unterstützung hinsichtlich ihrer besonderen Bedürfnisse. Es gibt für
die Kinder so gut wie keine sicheren und legalen Wege nach Europa.
Viele versuchen, den staatlichen Behörden auszuweichen und bleiben
damit häufig außerhalb der Reichweite humanitärer Organisationen,
auch, weil sie von Schleppern manipuliert oder bedroht werden. Das
erhöht entsprechend ihre Risiken für Ausbeutung und Gewalt."
Der Mangel an kindergerechten Unterkünften bedeutet vor allem für
die Alleinreisenden, selbst wenn sie als Kinder identifiziert werden,
dass sie oft zusammen mit fremden Erwachsenen oder unter
gefängnisähnlichen Bedingungen untergebracht werden. Das ist vor
allem in Bulgarien und Ungarn der Fall.
Identifizierte Kinder werden oft einem Vormund zugewiesen, der
nicht auf diese Aufgabe vorbereitet oder überhaupt überprüft wurde
und der über keine ausreichende Befugnis oder Mittel verfügt, seiner
Aufgabe und Verantwortung gerecht zu werden. Kinder erklärten, dass
sie kaum Informationen über ihre Rechte und legalen Möglichkeiten
erhalten.
"Jedes Kind muss Zugang zu umfassender Betreuung und Unterstützung
bekommen", fordert Ashleigh Lovett, Advocacy Koordinator des
International Rescue Committee in der Region. "Wir müssen alle
Regierungen zur Verantwortung ziehen, die diesen besonders
gefährdeten Kindern die Hilfe versagen. Gleichzeitig muss als erstes
sichergestellt werden, dass die Regierungen auch die notwendige
Unterstützung und Mittel zur Verfügung haben, um verantwortungsvoll
handeln zu können. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen ihre
dahingehenden Versprechen einhalten, einschließlich ihrer
eingegangenen Verpflichtungen zur Verteilung von Flüchtlingen und
Familienzusammenführungen für unbegleitete minderjährige Geflüchtete.
Jede Regierung muss sich verpflichten, das Einsperren von Kindern zu
beenden und allein reisenden Kindern professionelle Vormunde zur
Seite zu stellen. Sonst werden Kinder, die ohnehin durch Krieg und
Konflikt in ihrer Heimat traumatisiert sind, in immer gefährlichere
Umstände hineingezwungen, weil sie unter dem Druck stehen, unbedingt
weiterzukommen."
Für Rückfragen oder Interviewanfragen mit Mitarbeitern vor Ort
oder Meike Riebau, Rechtsreferentin für Migration bei Save the
Children Deutschland, kontaktieren Sie bitte die Pressestelle.
Downloads:
Den vollständigen Bericht "Out of Sight, Exploited and Alone"
(Englisch) finden Sie hier: http://ots.de/Q1UbU
Multimediamaterial: http://ots.de/slNHc
Alle Zusatzmaterialien sind unter der Angabe ©Save the Children
kostenlos verwendbar.
Pressekontakt:
Save the Children Deutschland e.V.
Pressestelle - Bastian Strauch
Tel.: +49 (30) 27 59 59 79 - 889
Mail: bastian.strauch(at)savethechildren.de
Original-Content von: Save the Children Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell