(ots) - Jeroen Dijsselbloem hat in seinen vier Jahren
als Eurogruppen-Chef vieles richtig gemacht und sich eine Menge
Respekt erarbeitet. Seit seiner Klatsche bei der niederländischen
Parlamentswahl hat sein Ansehen aber kräftig gelitten. Zuerst bringt
er mit unbedachten "Schnaps und Frauen"-Äußerungen ganz Südeuropa
gegen sich auf. Und jetzt brüskiert er auch noch das EU-Parlament
durch Fernbleiben von einer Anhörung zur Griechenland-Rettung.
Es ist nicht das erste Mal, dass Dijsselbloem eine solche
Einladung der Abgeordneten dankend abgelehnt hat. Vielleicht war es
jetzt aber das eine Mal zu viel. Mittlerweile gibt es aus allen
Fraktionen Rücktrittsforderungen. EU-Parlamentspräsident Antonio
Tajani kündigte an, Dijsselbloem eine förmliche Protestnote zu
schicken.
Der Rückhalt für den Eurogruppen-Chef schwindet immer mehr.
Gewählt ist er eigentlich noch bis Januar 2018, und bis dahin und am
liebsten darüber hinaus würde Dijsselbloem auch gerne noch
weitermachen. Die Einführung eines hauptamtlichen Vorsitzenden steht
aktuell aber ganz und gar nicht auf der Tagesordnung der Eurogruppe.
Und die Regierungsbildung in den Niederlanden scheint auch schneller
zu verlaufen als erwartet und damit ebenfalls keine Argumente zu
liefern.
Das Problem ist: Viele geeignete Nachfolgekandidaten gibt es
nicht, müssen sie doch sowohl die richtige Nationalität als auch die
richtige Parteifarbe mitbringen. Es ist ausgemachte Sache, dass der
nächste europäische Spitzenjob an einen Sozialdemokraten geht, da
EU-Kommission, Rat und Parlament heute von Konservativen geführt
werden. Und dieser sollte dann auch noch möglichst aus Süd-,
eventuell auch aus Osteuropa kommen. Dijsselbloems konservativer
Gegenkandidat von 2015, der Spanier Luis de Guindos, dürfte damit
ausscheiden. Größere Chancen hat wohl der slowakische Sozialdemokrat
Peter Kazimir - auch wenn es weiterhin Zweifel an seiner Fähigkeit
gibt, die Eurozone durch schwierige Zeiten führen zu können.
Dijsselbloem sollte das alles nicht mehr groß tangieren. Er ist
abgewählt worden und sollte nun so schnell wie möglich seinen Platz
räumen. Er selbst war es ja, der in dem umstrittenen Interview vor
zwei Wochen die Bedeutung der Einhaltung von Regeln für die
Glaubwürdigkeit der Eurozone betont hat. Daran sollte er sich jetzt
auch selbst halten. Der Wirtschafts- und Währungsunion stehen
schwierige Weichenstellungen bevor. Eine Führungsdiskussion und eine
Lame Duck an der Spitze der Eurogruppe kann da niemand gebrauchen.
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