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"Punkt 12"-Reportage am 12. u. 13.4.: Eine Tafel in der Kritik: Absahnen statt helfen? - Eine Undercover-Recherche in Berlin mit erschütterndem Ergebnis

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(ots) - Aktuell stehen Tafeln in Dresden und Herford wegen
Veruntreuung in der Kritik. Ein Einzelfall? Leider nein. Immer wieder
sorgt eine von insgesamt bundesweit 900 Tafeln für
Negativschlagzeilen, erreichen Lebensmittel und Sachspenden nicht das
eigentliche Ziel: Einen der derzeit 1,5 Millionen Bedürftigen -
Tendenz steigend. Besonders dreist soll es bei der Berliner Tafel
zugehen. Unter dem Schlagwort "Laib und Seele" werden dort nach
eigenen Angaben in insgesamt 45 Ausgabestellen Lebensmittel an
monatlich 50.000Bedürftige ausgegeben. Die zweiteilige "Punkt
12"-Undercover-Reportage am 11. Und 12.04., ab 12:00 Uhr belegt, dass
Mitarbeiter einer dieser Ausgabestellen sogar eine ganze LKW-Ladung
mit Spenden für private Zwecke umleiten und die sogenannten Helfer
die Spenden vorab aussortieren und sich die besten Stücke gleich
tütenweise selbst sichern.

"Die Berliner Tafel finanziert sich ausschließlich durch Sach-
bzw. Geldspenden und kann daher nicht garantieren, was und wie viel
am Tag verteilt werden kann", so steht es auf der Vereinsseite. Laut
eines "Punkt 12"-Informanten, der bereits seit anderthalb Jahren bei
einer der großen Tafeln in Berlin mitarbeitet, gibt es für knapp
ausfallende Spenden aber auch einen besonders dreisten Grund: "Die
Arbeitskollegen fahren ihre Tour regelmäßig ab. Die packen sich auf
dem Fahrtweg schon die Taschen voll. Das heißt, erst in die Kisten
und dann bei den letzten Kunden vom Kaufmarkt machen sie die Kisten
leer und packen das dann ihre eigenen privaten Haushaltstaschen.
Große Taschen. Dann fahren sie bei sich zu Hause vorbei. Das liegt
auf dem Weg. Gehen nach Hause mit der 'guten' Ware natürlich."

Diese Zustände erlebt auch "Punkt 12"-Reporter André Goltzsche,
der undercover einen Job als ehrenamtlicher Mitarbeiter bei der
Berliner Tafel Laib und Seele annimmt. Schon nach kurzer Zeit




ermuntern ihn die freiwilligen Helfer von "Laib und Seele", sich doch
selbst an den Spenden zu bedienen: "Wenn Du was möchtest, dann musst
Du Dir was aussuchen". Besonders begehrt sind hochwertige Hygiene-
und Markenartikel. "Die kommen gar nicht bei den Bedürftigen an",
erläutert eine Mitarbeiterin freimütig. Der "Punkt 12"-Reporter
dokumentiert sogar, wie ein ganzer LKW mit gesammelten Spenden
gezielt eine Privatwohnung anfährt, und dort abgeladen wird. "Die
Mitarbeiter nehmen die Waren in großen Mengen mit. Für die
Bedürftigen bleibt umso weniger übrig. Das weiß man, aber dafür fühlt
sich keiner verantwortlich", so der Informant.

Und tatsächlich tolerieren die Mitarbeiter und offenbar auch die
Verantwortlichen vor Ort, diese Zustände: "Na ja, so ne' Ware weckt
immer Begehrlichkeiten", wird gegenüber Punkt 12 Reporter André
Goltzsche von einem Mitarbeiter eingeräumt. "Bei dem und dem musst Du
mal im Keller gucken, der hat bestimmt 40 Kisten von uns, da sage ich
nein, mache da nicht mit. Da mische ich mich nicht ein, das ist nicht
meine Aufgabe." Ganz im Gegenteil, der Mitarbeiter selbst scheint
offenbar längst Teil dieses perfiden Systems zu sein: "Ich war ja
auch mal 'Kunde' hier, aber jetzt genieße ich das Privileg, an der
Rampe gleich als erster zu stehen. Gegenüber denjenigen, den wir
gnädiger Weise noch was übrig lassen, nachdem wir so zu sagen mit
unserer 'Durchsicht' durch sind."

Als schließlich am Folgetag der Sammelaktion die Reste der Spenden
an die tatsächlich Bedürftigen, wie Hartz IV-Empfänger, Arbeitslose
und Rentner mit besonders kleiner Rente verteilt werden, bemerkt
unser Reporter, dass viele der ehrenamtlichen Helfer jetzt
verschwunden sind. Auf Nachfrage bestätigen Mitarbeiter von Laib und
Seele dem "Punkt-12"-Reporter, dass viele nur am ersten Tag kämen, um
Waren gezielt abzugreifen. Der Tag der Ausgabe sei dann
uninteressant. "Die Berliner Tafel versucht, die Lebensmittel gerecht
zu verteilen - damit auch die Schwächsten der Armen nicht zu kurz
kommen", heißt es auf der Internetseite des Vereins weiter. Ein Ziel,
dass zumindest hier klar verfehlt wird. Bleibt die Frage, warum die
Verantwortlichen hier nicht aktiv werden?

Der "Punkt 12"-Reporter hat die Tafel-Verantwortlichen von Laib
und Seele vor Ausstrahlung um Stellungnahme dazu gebeten, dass in
einer ihrer Ausgabestellen all dieses offensichtlich regelmäßig
passiert. Sie antworten, dass es in der Tat schon einige Male
Vorwürfe gegeben habe, dass sich Ehrenamtliche unrechtmäßig
bereichern. Zitat: "Bei genauer Prüfung hat sich aber meist
herausgestellt, dass sie aufgrund eigener Bedürftigkeit rechtmäßig
und eine angemessene Menge von Lebensmitteln erhalten haben. Auch gab
es bereits Fälle, in denen Streit unter Ehrenamtlichen oder Missgunst
zu falschen Verdächtigungen geführt haben. In den Fällen, in denen
sich Anschuldigungen als berechtigt herausgestellt haben, haben sich
die Ausgabestellen nach unserer Kenntnis von den betreffenden
MitarbeiterInnen getrennt.

Die Tafel-Verantwortlichen haben um Informationen gebeten, wo
genau und wann sich die Beobachtungen zugetragen haben. Die hat
"Punkt-12"-Reporter André Goltzsche ihnen jetzt gegeben - in der
Hoffnung, dass sich die Zustände umgehend ändern.



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Heike Speda
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Datum: 11.04.2017 - 17:00 Uhr
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