(ots) -
Damit Arbeitnehmer die Kosten einer beruflich veranlassten
doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten abrechnen können,
müssen zwei zentrale Voraussetzungen des Einkommensteuergesetzes
erfüllt sein: Die Beschäftigungswohnung muss sich am Ort der ersten
Tätigkeitsstätte befinden und der eigene Hausstand (= die
Hauptwohnung) muss außerhalb dieses Ortes belegen sein.
Wann eine Hauptwohnung noch dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte
zuzurechnen ist, hat das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) mit
Urteil vom 16. Juni 2016 (Az. 1 K 3229/14) näher untersucht: Im
zugrundeliegenden Fall hatte sich die Hauptwohnung des klagenden
Arbeitnehmers nur 36 Kilometer von seiner ersten Tätigkeitsstätte
entfernt befunden. Das FG urteilte, dass der Ort der Hauptwohnung und
der ersten Tätigkeitsstätte bei dieser geringen Entfernung nicht
auseinanderfielen, sodass die Kosten der doppelten Haushaltsführung
nicht anzuerkennen waren. Nach Gerichtsmeinung ist eine Hauptwohnung
noch dem Beschäftigungsort zuzurechnen, wenn der Arbeitnehmer seine
Tätigkeitsstätte von dieser Wohnung aus in zumutbarer Weise täglich
aufsuchen kann. Zumutbar ist nach Ansicht des Gerichts eine Fahrzeit
von etwa einer Stunde pro einfacher Strecke.
Hinweis: Diese zeitliche Grenze hat bereits das Finanzgericht
Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 16. Dezember 2015 (Az. 7 K 7366/13)
eingezogen.
Das FG Baden-Württemberg verwies aber darauf, dass bei der
steuerlichen Überprüfung der Fahrtwege stets die Umstände des
Einzelfalls einbezogen werden müssen. Neben der bloßen Entfernung
müssen daher auch die Verkehrsanbindung mit privaten und öffentlichen
Verkehrsmitteln und die Erreichbarkeit dieser Verkehrsmittel zu
Arbeitsbeginn und -ende berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall
hatte das FG auf den Routenplaner "Google Maps" zurückgegriffen und
die so ermittelte PKW-Fahrtzeit von 34 Minuten für die einfache
Wegstrecke noch um einen Sicherheitszuschlag von 20 bis 30 Minuten
für Staulagen zu den Hauptverkehrszeiten erhöht. Trotz dieses
Zuschlags verblieb es aber bei einer Fahrtzeit von etwa einer Stunde
pro Weg, sodass die Hauptwohnung noch immer zu nahe an der ersten
Tätigkeitsstätte lag und ein steuerlicher Kostenabzug verwehrt blieb.
Hinweis: Bei Fahrzeiten von etwa einer Stunde zwischen
Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte müssen Arbeitnehmer also
damit rechnen, dass die Finanzämter ihnen die Kosten der doppelten
Haushaltsführung aberkennen. Sollten die Ämter keinen
Sicherheitszuschlag für Staulagen in die Fahrzeit eingerechnet haben,
können Arbeitnehmer auf die Zuschläge im vorgenannten Urteil
verweisen. Gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg wurde
mittlerweile Revision eingelegt, sodass die abschließende Klärung dem
Bundesfinanzhof (BFH) vorbehalten bleibt (Aktenzeichen: VI R 31/16);
ein weiteres Verfahren zu der Streitfrage ist bereits unter dem
Aktenzeichen VI R 2/16 beim BFH anhängig. Arbeitnehmer, denen ein
Kostenabzug aufgrund einer zu nahe gelegenen Hauptwohnung verwehrt
worden ist, können Einspruch gegen ihren Einkommensteuerbescheid
einlegen, auf die beiden anhängigen Verfahren vor dem BFH verweisen
und ein Ruhen des Verfahrens beantragen. Sollte später ein für sie
günstiger Richterspruch ergehen, können sie davon im eigenen Fall
profitieren.
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