(ots) - Dies ist das große Ding. Es geht ums Ganze,
nicht nur für Frankreich, sondern auch für Europa. Wenn die Franzosen
über ihr künftiges Staatsoberhaupt abstimmen, entscheiden sie
zugleich über Gedeih oder Verderb der Europäischen Union. Im Kreuzzug
der Nationalisten und Populisten gegen das, was sie unter dem
Feindesnamen "Brüssel" bekämpfen, ist dies die Mutter aller
Schlachten. Das historische Werk des friedlichen Zusammenschlusses
der Völker des Kontinents kann nur vorangetrieben werden, wenn
Frankreich weiter mitmacht. Doch zwei der vier Kandidaten, die nach
den Umfragen eine Chance auf den Einzug in den Élysée-Palast haben,
sind nicht an Mitwirkung interessiert, sondern auf Zerstörung
erpicht. Marine Le Pen und Jean-Luc Mélenchon stützen ihre Bewerbung
um das höchste Amt im Staate auf das Versprechen, die EU auf dem
Misthaufen der Geschichte zu entsorgen. Wie ernst muss Europa die
Drohung nehmen? Der Blick auf das internationale Umfeld bietet Grund
zu verhaltener Zuversicht. Europas Populisten haben die beiden
Donnerschläge Brexit-Referendum und Trump-Wahl bejubelt, ohne daraus
eine nachhaltige Dynamik zu ihren Gunsten machen zu können. Die
Österreicher widerstanden der Versuchung, einen Nationalisten an die
Staatsspitze zu berufen. In den Niederlanden hat es etablierte
Parteien durchgeschüttelt, aber der Rechtsausleger Geert Wilders
blieb ohne Aussicht auf Verwirklichung seiner fremdenfeindlichen
Visionen. Auch im Vorblick auf die Bundestagswahl gibt es aktuell
keinen Grund zur Panik: Die AfD ist dabei, mit Personalgezänk und der
ewigen Frage, wo rechts eine Grenze des Erlaubten sei, ihre
Anhängerschaft zu schrumpfen. Leider reicht das alles nicht, die
Wahlen in Frankreich entspannt verfolgen zu können. Europa-Politiker
setzen beschwörend auf "die republikanische Vernunft" der Franzosen
beim Umgang mit dem Zweirunden-Wahlrecht, das eine Sicherheitszone
vor dem Abgrund sei. Das mag die Wahrscheinlichkeit eines
Irrsinns-Votums à la Trump oder Brexit reduzieren. Das Risiko
beseitigt es nicht. Dafür sorgt die ungewöhnlich hohe Zahl - rund ein
Drittel - Wahlberechtigter, die kurz vor Ultimo nicht wissen, für wen
sie ihr Kreuzchen machen sollen. Dafür sorgt aber vor allem die
Schwäche der Europa-Freunde. Der konservative Kandidat François
Fillon ist durch die Affäre um Staatsgeld für seine Frau so
diskreditiert, dass ihn viele auch in einer Stichwahl gegen Le Pen
nicht wählen würden. Der sozialliberale Favorit Emmanuel Macron muss
ohne einen eingespielten Parteiapparat auskommen. Es ist also nicht
sicher, dass es gut geht am Sonntag und 14 Tage später. Und wenn -
dann geht es womöglich nur weniger schlecht.
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