(ots) - "Wer nur die leicht steigenden Arztzahlen
betrachtet, verschließt die Augen vor der ganzen Wahrheit.
Tatsächlich öffnet sich die Schere zwischen Behandlungsbedarf und
Behandlungskapazitäten immer weiter. Schon heute klaffen bei der
ärztlichen Versorgung in vielen Regionen große Lücken." So
kommentiert Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der
Bundesärztekammer (BÄK), die Ärztestatistik für das Jahr 2016.
Wie aus den Daten der BÄK hervorgeht, erhöhte sich die Zahl der
bei den Landesärztekammern gemeldeten Ärztinnen und Ärzte geringfügig
um 2,1 Prozent. Damit waren im Jahr 2016 im Bundesgebiet 378.607
Ärztinnen und Ärzte tätig, 7.305 mehr als im Vorjahr. Von ihnen
arbeiten 194.401 im Krankenhaus. Deutlich kleiner ist die Gruppe der
ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte mit 151.989. Hinzu kommen 32.217
Mediziner, die bei Behörden, Körperschaften und in sonstigen
Bereichen beschäftigt sind. Ihr Anteil blieb im Vergleich zum Vorjahr
mit 8,5 Prozent unverändert.
Der insgesamt leichte Zuwachs relativiert sich, wenn man die enorm
hohen Behandlungszahlen in Praxen und Kliniken betrachtet. Allein in
der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung kommt es jährlich zu
mehr als einer Milliarde Arzt-Patienten-Kontakten. In den
Krankenhäusern erhöhte sich die Zahl der Behandlungsfälle in den
letzten zehn Jahren um mehr als 2,5 Millionen auf fast 19,8
Millionen. Da die Deutschen immer älter werden, ist ein Ende dieser
Entwicklung nicht in Sicht. Wissenschaftler prognostizieren bis 2030
einen Anstieg der Lebenserwartung bei Männern in Deutschland von 78
auf fast 82 Jahre und bei Frauen von 83 auf 86 Jahre.
"Unsere Gesellschaft altert, und die Ärzteschaft altert mit. Fast
jeder vierte niedergelassene Arzt plant, in den nächsten fünf Jahren
seine Praxis aufzugeben", warnt der BÄK-Präsident. Zwar stieg im Jahr
2016 die Zahl der unter 35-jährigen berufstätigen Ärzte (+ 2.334).
Dem steht aber in den Altersgruppen der 50- bis 59-Jährigen ein
Zuwachs von 1.600, bei den 60- bis 65-Jährigen von 1.172 und bei den
über 65-Jährigen von 2.463 Ärztinnen und Ärzten gegenüber.
Nach wie vor steigt auch der Anteil der Ärztinnen an der
Gesamtzahl der berufstätigen Ärzte. Er beträgt jetzt 46,5 Prozent. Im
Jahr 1991 lag der Frauenanteil noch bei einem knappen Drittel.
Seitdem hat er sich um 38,4 Prozent erhöht.
Auf dem Arbeitsmarkt sind Mediziner weiterhin äußerst gefragt. Die
Bundesagentur für Arbeit meldete 1.943 offene Stellen für Ärztinnen
und Ärzte (Vorjahr: 1.807). Damit herrscht praktisch
Vollbeschäftigung - das ist eine gute Nachricht für die Mediziner,
aber aus der Versorgungsperspektive ein deutliches Warnsignal.
Weiterhin ungebrochen ist der Trend zur Festanstellung im
ambulanten Bereich. Im Jahr 2016 betrug der Zuwachs hier 10,1
Prozent. Die Gesamtzahl der im ambulanten Bereich angestellten
Ärztinnen und Ärzte erhöhte sich auf 32.348. Damit hat sich ihre Zahl
seit 1993 fast versechsfacht. Bemerkenswert ist der hohe Frauenanteil
von 62,7 Prozent in dieser Gruppe. Die Zahl der niedergelassenen
Ärztinnen und Ärzte dagegen sank um 0,9 Prozent auf 119.641.
Immer mehr angestellte Ärzte entscheiden sich allerdings gegen
eine Vollzeitstelle. Allein im Jahr 2015 stieg der Anteil der Ärzte
und Psychotherapeuten in Teilzeitanstellung nach Angaben der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung um 10,6 Prozent. Für die
Versorgung der Patienten bedeutet dies aber, dass mehr Köpfe
gebraucht werden, um die gleiche Menge an Arbeit zu leisten.
"Die Politik muss diesen Zusammenhang zwischen mehr Teilzeitarbeit
und weniger Arzt-stunden endlich anerkennen und die Zahl der
Studienplätze erhöhen", fordert Montgomery. Notwendig sei eine
Steigerung um zehn Prozent. Dass dies aus Kostengründen aus dem
zwischen Bund und Ländern konsentierten "Masterplan Medizinstudium
2020" ausgeklammert wurde, sei enttäuschend. Statt auf
Kostenschätzungen einer Expertenkommission zu warten, müssten die
Länder ihrer Verantwortung für die ärztliche Nachwuchsförderung
gerecht werden und die nötigen Mittel bereitstellen. Dennoch sei es
zu begrüßen, dass die Reform des Medizinstudiums nun endlich in
Angriff genommen werde. Dabei habe die Politik viele Forderungen der
Ärzteschaft aufgegriffen.
Ein wenig entschärft wird der Ärztemangel durch die Zuwanderung
aus dem Ausland. Die Zahl der in Deutschland gemeldeten ausländischen
Ärztinnen und Ärzte stieg um 9,7 Prozent auf 46.721. Damit besitzen
11 Prozent der in Deutschland berufstätigen Ärztinnen und Ärzte eine
ausländische Staatsbürgerschaft.
Die stärksten Zuwächse gab es mit 746 Ärztinnen und Ärzten aus
Syrien, es folgen Rumänien(+ 223), Serbien (+ 218), die Ukraine (+
160), Russland (+ 109) und Aserbaidschan (+ 108). Die meisten
ausländischen Ärzte stammen damit aus Rumänien (4.285), Griechenland
(3.118) und Syrien (2.895), gefolgt von Österreich (2.600).
Ihnen stehen 2.050 Kolleginnen und Kollegen gegenüber, die
Deutschland im Jahr 2016 den Rücken gekehrt haben. Die beliebtesten
Auswanderungsländer waren, wie schon in den vergangenen Jahren, die
Schweiz (677), Österreich (295) und die USA (112). Die Zahl der
Ärztinnen und Ärzte ohne ärztliche Tätigkeit hat sich im vergangenen
Jahr um 2,7 Prozent erhöht.
Die Ärztestatistik 2016 können Sie unter dem folgenden Link
abrufen: http://www.bundesaerztekammer.de/index.php?id=7018
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