PresseKat - Maischberger am Mittwoch, 26. April 2017, 23.30 Uhr

Maischberger
am Mittwoch, 26. April 2017, 23.30 Uhr

ID: 1483335

(ots) - Das Thema: Türken in Deutschland - immer noch
Bürger 2. Klasse?

Der Integrationsstreit ist wieder voll entbrannt: Mehrheitlich
haben die hier lebenden türkischen Wähler für Erdogans
Verfassungsreform gestimmt. Lehnen sie tatsächlich Werte wie
Meinungsfreiheit oder Gleichberechtigung ab, wenn sie einen
Alleinherrscher unterstützen? Fremdeln sie so stark mit ihrer
Wahlheimat Deutschland? Sollten Türken mit Doppelpass den deutschen
Ausweis zurückgeben, wie manche Politiker jetzt fordern? Oder ist die
Mehrheitsgesellschaft mitverantwortlich dafür, dass viele türkische
Mitbürger sich weiterhin benachteiligt und ausgegrenzt fühlen?

Die Gäste:
Julia Klöckner (CDU, stellvertretende Bundesvorsitzende)
Bilkay Öney (SPD-Politikerin)
Tayfun Bademsoy (Schauspieler)
Susanne Schröter (Wissenschaftlerin)
Ozan Ceyhun (AKP, Deutsch-türkischer Regierungsberater)

Julia Klöckner

Die CDU-Landeschefin von Rheinland-Pfalz unterstützt die Forderung
nach einer kritischen Überprüfung des Doppelpasses, auch als
Konsequenz aus dem türkischen Referendum. "Wir erleben jetzt
Menschen, die von unserem freien, offenen Land profitieren, aber dem
Regimeumbau in der Türkei zujubeln", beklagt die stellvertretende
CDU-Parteivorsitzende. "Eine geteilte Loyalität ist immer schwierig",
analysiert Julia Klöckner. Niemand solle glauben, dass mit der
doppelten Staatsbürgerschaft Integration schneller gelinge.

Bilkay Öney

Die ehemalige baden-württembergische Integrationsministerin
kritisiert, dass nach dem Türkeireferendum reflexartig die
Integration und der Doppelpass in Frage gestellt werden. "Die Zahl
der gut integrierten Türken ist hoch. Es gibt viele türkischstämmige
Politiker, Lehrer, Ärzte und Unternehmer. Der Pass ist nicht das
Problem, sondern die Gesinnung." Für die hohe Identifikation mit der




Türkei macht die SPD-Politikerin unter anderem auch die Deutschen
verantwortlich. "Der Alltagsrassismus ist das Problem. Den Türken
wird nicht das Gefühl gegeben dazuzugehören."

Tayfun Bademsoy

"Die Deutschen begreifen nicht, warum die ehemaligen Gastarbeiter
jetzt Erdogan wählen", sagt der Schauspieler ("Tatort",
"Traumschiff"). Dabei sei es nur eine Gegenreaktion auf die
jahrzehntelange Diskriminierung der Türken in Deutschland, glaubt der
studierte Psychologe. "Beleidigungen wie Kanake, Kümmeltürke und
Kameltreiber waren normal und haben auch die Saat gelegt für die
heutige Ablehnung von Deutschland", erklärt Tayfun Bademsoy, der 1969
mit seinen Eltern aus der Türkei eingewandert war. Aber auch viele
Türken trügen Schuld an der missglückten Integration, weil sie sich
der deutschen Gesellschaft verweigert hätten.

Susanne Schröter

"Der türkische Präsident Erdogan versucht zu verhindern, dass sich
die Deutsch-Türken allzu sehr integrieren", sagt die Direktorin des
"Forschungszentrums Globaler Islam" an der Frankfurter
Goethe-Universität. Er betone immer wieder, dass sie in Deutschland
normale Bürger werden könnten und seines Schutzes bedürften,
berichtet Susanne Schröter. Denn Erdogan brauche die Deutsch-Türken,
so die Islamwissenschaftlerin: "Sie sind Manövriermasse für seine
Ideen eines neuen osmanischen Reiches."

Ozan Ceyhun

Sind die türkischen Wähler aus Deutschland, die für Erdogans
Reform gestimmt haben, schlecht integriert? Der frühere
Europaabgeordnete (Grüne und SPD) nimmt seine hier lebenden
Landsleute vor Kritik in Schutz: "Wenn die Türken wirklich integriert
werden sollen, dann sollte man sie längst als Einheimische sehen.
Warum haben sie zum Beispiel bis heute kein kommunales Wahlrecht,
selbst wenn sie seit vielen Jahren hier sesshaft sind?" Ozan Ceyhun
berät die Erdogan-Regierung und begleitete im März den türkischen
Außenminister auf seiner Wahlkampfreise nach Hamburg.

"Maischberger" ist eine Gemeinschaftsproduktion der ARD,
hergestellt vom WDR in Zusammenarbeit mit der Vincent TV GmbH.

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