(ots) - Wenn Benjamin Netanjahu ein Treffen mit dem
deutschen Außenminister absagt, ist das ein Affront. Das ist so, als
wenn US-Präsident Donald Trump der Bundeskanzlerin nicht die Hand
schüttelt. Oder wenn der türkische Staatschef Angela Merkel in die
Nähe von Nazi-Deutschland rückt. Oder wenn der russische Präsident
seinen Labrador an der Bundeskanzlerin schnüffeln lässt, obwohl diese
Angst vor Hunden hat. All das hat es schon gegeben. Netanjahu mag
sich also gedacht haben, dass er mit seinem Eklat gegenüber Sigmar
Gabriel in guter Gesellschaft ist.
Gemeinsam ist Netanjahu, Trump, Erdogan und Putin ihre
Mimosenhaftigkeit. Die rührt daraus, dass sie sich selbst wichtiger
nehmen als das Amt, das sie bekleiden. Schnell beleidigte
Regierungschefs sind schwierige Gesprächspartner. Der israelische
Ministerpräsident sucht seit längerem nicht mehr den ernsthaften
Dialog mit den Palästinensern. Dass er auch mit manchen Mitbürgern
nicht mehr redet ist das eine, dass er es ausländischen Besuchern
untersagen will, das andere.
Seit Jahren ist die israelische Gesellschaft immer weiter nach
rechts gerutscht. Doch je mehr die Israelis sich abkapseln, umso
wichtiger sind regierungskritische Gruppen wie "Breaking the silence"
und "B'tselem". Sie sprechen über Ausschreitungen der israelischen
Armee in der Westbank oder über die israelische Siedlungspolitik. Die
Kommentare dieser linken Gruppen mögen mal übers Ziel hinausschießen,
gleichwohl gehören sie zu einem demokratischen Land dazu.
Dass Bundesaußenminister Gabriel sich trotz Netanjahus Drohungen
mit "Breaking the silence" und "B'tselem" getroffen hat, ist
konsequent. Sogar wenn ein deutscher Außenminister in eine Diktatur
wie die Volksrepublik China oder nach Kuba reist, trifft er sich nach
dem offiziellen Programm, meist in der Residenz des deutschen
Botschafters, mit Oppositionellen. Die Diktatoren in Peking und
Havanna grummeln dann, aber sie nehmen es hin. Der demokratisch
gewählte Netanjahu aber gab die Mimose.
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