(ots) -
- Erträge deutscher Banken aus Firmenkundengeschäft seit 2011 von 35
auf 30 Milliarden Euro gesunken
- Neue Anbieter, strenge Regularien und veränderte Bedürfnisse der
Kunden zwingen zu Umdenken und Spezialisierung
- Das Modell "eine Bank für alles" funktioniert nicht mehr
- Roland Berger-Studie analysiert Kundenbedürfnisse und Wettbewerb
und zeigt Optionen für Positionierung deutscher Banken
Die deutsche Bankenbranche befindet sich im Wandel. Das betrifft
auch das Firmenkundengeschäft (Corporate Banking) - ein zentrales
Geschäftsfeld der Institute. Faktoren wie niedrige Zinsen, digitale
Technologien, Professionalisierung auf der Kundenseite oder hohe
regulatorische Anforderungen verändern das Umfeld immer schneller und
bremsen das Wachstum. Darauf alleine mit Kostensenkungen zu
reagieren, wird in Zukunft nicht mehr reichen. Vielmehr müssen die
Banken eine klare strategische Positionierung finden und umsetzen,
wenn sie weiterhin vom Wachstum der deutschen Wirtschaft profitieren
wollen. Dies ist das Ergebnis der Studie "Corporate Banking 2020 -
Das Firmenkundengeschäft in Zeiten von Regulierung, Niedrigzins und
Digitalisierung" von Roland Berger.
"Bei allen Versuchen der Banken, sich neu zu definieren, wird das
Firmenkundengeschäft weiterhin ein wesentlicher Ertragsbringer
bleiben", sagt Klaus Juchem, Partner von Roland Berger. "Doch die
Herausforderungen nehmen zu: Die Erträge sind unter Druck, während
gleichzeitig die Anforderungen durch Digitalisierung und Regulierung
steigen und der sowieso schon starke Wettbewerb zusätzlich durch
Nicht-Banken angeheizt wird."
Konnten deutsche Banken im Firmenkundengeschäft 2011 noch rund 35
Milliarden Euro erwirtschaften, haben die Roland Berger-Experten für
2016 nur noch gut 30 Milliarden errechnet. "Und auch für die
kommenden Jahre erwarten die Banken eine stabile bis leicht sinkende
Entwicklung der Bruttoerlöse", sagt Juchem.
Zunehmender Wettbewerb im stagnierenden Markt
Auch die Bedürfnisse der Kunden ändern sich: gute Konditionen,
Komfort und Professionalität werden selbstverständlich erwartet,
zudem spielen Transparenz und ein umfassendes Digitalangebot eine
immer wichtigere Rolle. So sind zwar 76 Prozent der befragten
Unternehmen mit ihrer Hausbank sehr zufrieden oder zufrieden.
Allerdings wünschen sich 38 Prozent ein stärkeres Digital-Angebot,
vor allem in Bezug auf Beratung und Produkt-Abschlussmöglichkeiten.
"Hier besteht ein klarer Nachholbedarf, sonst droht der Verlust
von Marktanteilen an neue und dynamischere Anbieter", warnt Dominik
Löber, Partner von Roland Berger. "In der Vergangenheit haben sich
Banken im Firmenkundensegment auf langjährige Kundenbeziehungen und
die persönliche Betreuung verlassen können. Doch jetzt ändern sich
die Rahmenbedingungen: Mit neuen Anbietern nimmt der Wettbewerb um
die Kunden zu, und das in einem praktisch nicht wachsenden Markt."
Dem Druck nur mit Kostensenkungen zu begegnen reicht hier nicht
mehr. Vielmehr wird es immer wichtiger, die Kundenbedürfnisse zu
verstehen und sich an ihnen zu orientieren.
Spezialisierung statt "eine Bank für alles"
Die Institute müssen daher aus ihrer - ohnehin wenig stabilen -
Komfortzone kommen und strategisch an ihren Geschäftsmodellen
arbeiten, um Antworten, etwa auf die Digitalisierung, zu finden. Das
Motto "Eine Bank für alles" wird den Kundenbedürfnissen nicht mehr
gerecht: "Anstatt alle Kunden- und Produktkategorien
"durchschnittlich" zu bedienen, sollten Kreditinstitute ihre
Firmenkunden-Geschäftsmodelle stärker differenzieren und ihre Stärken
entlang der Wertschöpfungskette besser ausspielen, indem sie
entsprechende Schwerpunkte setzen", rät Klaus Juchem. "Dann können
sie auch weiterhin erfolgreich sein."
In ihrer Studie sehen die Roland Berger-Experten drei mögliche
Schwerpunkte für Banken im Firmenkundengeschäft:
1) Als Relationship-Experte unterhält eine Bank enge
Kundenbeziehungen, besetzt die unmittelbare Kundenschnittstelle
und berät ihre Klienten in allen Finanzfragen. Sie bezieht
Produkte auch von anderen Anbietern im Sinne einer "open
Architecture" und kann ihren Kunden dadurch ein vielfältigeres
und transparenteres Angebot unterbreiten sowie optimale
Produkt- und Servicelösungen anbieten.
2) Als Produktexperte mit ausgewählten Finanzprodukten und
-dienstleistungen kann eine Bank sich stark spezialisieren,
schlanker und effizienter werden. Außerdem bietet sie ihre
Expertise und Produkte auch anderen Banken,
Finanzdienstleistern oder Plattformen an.
3) Als Technology Service Provider konzentrieren sich Banken auf
technische Systemlösungen und Infrastruktur. In dieser Rolle
kann eine Bank in unterschiedlichen Nischen ihre gute Kenntnis
der Kundengruppen mit technischem Produkt-Knowhow kombinieren,
um optimale Finanzlösungen anzubieten.
"Die Entscheidung, welche dieser Positionierungen für eine Bank
die richtige ist, erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit der
eigenen Situation und den Anforderungen der Kunden", sagt Dominik
Löber. Um sich von anderen Anbietern zu differenzieren, müssen Banken
auch mögliche Abgrenzungen gegenüber Spezialisten analysieren,
bestehende Geschäftsmodelle anpassen und neue definieren.
Anschließend müssen Schnittstellen, beispielsweise zu Kunden, anderen
Marktteilnehmern wie Fintechs oder Technologieunternehmen neu und
digital aufgebaut und Vertriebsaktivitäten reorganisiert werden.
"Werden alle diese Schritte erfolgreich umgesetzt, wird das
Firmenkundengeschäft auch weiterhin eine wesentliche Säule für das
Geschäft der deutschen Banken sein", ist Löbers Fazit.
Die Studie können Sie herunterladen unter:
www.rolandberger.de/pressemitteilungen
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