(ots) - Spannende Start-ups und Anreize, Medien neu zu
denken erwarteten gestern knapp 200 Besucher beim vierten
media.innovations, dem Medieninnovationstag der BLM. Siegfried
Schneider, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien,
forderte vor allem "emotionale Offenheit gegenüber Neuem". Der
Journalismus müsse neue Lösungen finden, Informationen richtig
einzuordnen und zu filtern. Das sei angesichts von Fake-News eine
seiner wichtigsten neuen Aufgaben. Start-ups aus der Medienbranche
zeigten, wie das gelingen kann.
"Medien in der Plattformfalle?"
Dr. Holger Schmidt, Journalist und Autor, ermahnte die
Medienunternehmen in seinem Vortrag "Innovate or die", nicht
stehenzubleiben, sondern ihr Geschäftsmodell immer wieder neu zu
überdenken und anzupassen. In den USA fließe das Wachstum des
Werbemarktes vollständig in die beiden Plattformen Facebook und
Google - und das gelte tendenziell auch für Deutschland. Um sich als
Unternehmer auch einen Teil dieses Kuchens zu sichern, müsse man Wege
finden, den Leser an diesen Plattformen vorbei zu lotsen. Seine Idee:
Der Einsatz von Roboterjournalismus und Predictive Analytics, wie es
die Financial Times vormacht. Nicht ganz neu ist sein Ansatz,
Newsletter zu nutzen, um Nutzer bereits um 7 Uhr morgens mit
maßgeschneiderten Nachrichten zu versorgen. Konkrete Empfehlungen:
- Daten über Leser erheben und daraus lernen
- Glaubwürdigkeit als Wettbewerbsvorteil nutzen
- Weg vom Massengeschmack des Plattformgeschäfts hin zu Nischen
Die Nische als Antwort
Eine Nische scheint der Sport-Streamingdienst "DAZN" gefunden zu
haben. Haruka Gruber, Global Publishing Director des erfolgreichen
Münchner Startups, stellte in seinem Vortrag die Vorteile von
Streaming gegenüber linearen Fernsehen vor. Der Nutzer wird als Fan
mit hohem Service ins Zentrum gestellt und es werden
Nischensportarten wie Rugby, Dart, Bowling oder Pferderennen gezeigt.
Ein Paradebeispiel für erfolgreiche Nischen-Besetzung.
Die Antwort auf Fake-News
Gudrun Riedl, stellvertretende Redaktionsleiterin von BR24 stellte
das Tool "FactFox" vor. Damit will sie nichts Geringeres, als "das
Netz wieder sauber von falschen Behauptungen" bekommen. Die
selbstentwickelte IT-Lösung des Bayerischen Rundfunks überprüft
Behauptungen mittels einer Chrome-Browser-Extension per Mausklick
schnell und einfach.
Glaubwürdigkeit wiedererlangen
"Das Wiedererlangen von Vertrauen ist eine Kernaufgabe des neuen
Journalismus." Das war eine zentrale Aussage der Podiumsdiskussion
"Make Journalism great again". Dabei diskutierten Alexander von
Streit (Krautreporter), Florian Skrabal (Dossier), Matthias Walter
(RTL II) und Gudrun Riedl (BR24). Marken müssten gestärkt und der
Journalist als Person in den Mittelpunkt gestellt werden. Noch
wichtiger auf dem Weg zurück zur Glaubwürdigkeit sei jedoch
Transparenz. Die gesamte Medienbranche müsse an einem Strang ziehen
und den Menschen erklären, wie Journalismus funktioniert. Die
Aufgabe: Medienkompetenz vermitteln! "Dazu gehört auch zu verstehen,
wie der Facebook Algorithmus arbeitet", betonte Alexander von Streit.
Junge Gründer für neuen Journalismus
Bei zwei Start-up-Sessions zeigten Gründer aus Berlin, München und
Bremen neue Wege des Journalismus. "Steady" aus Berlin hilft jungen
Journalisten mit einem Abo-Modell. Die Suchmaschine für Gesprochenes
"Spaactor" unterstützt Recherchen bei Video- und Hörfunkbeiträgen
laut eigener Aussage besser als Google. "Opinary" ist mittlerweile
die größte Engagement-Plattform weltweit und fordert User auf, sich
am Dialog zu beteiligen und fördert so die Konvertierung von Lesern
zu engagierten Nutzern. Das innovative Advertising Start-up "ZeniAd"
bringt Werbung in die virtuelle Welt.
In der zweiten Runde am Nachmittag stand das Top-Thema des Tages
im Mittelpunkt: Fakten und Nachrichten richtig einordnen. Im Media
Lab Bayern Spezial stellten sich gleich fünf junge Gründer vor, die
von der BLM unterstützt werden. "Picter", eine cloud-basierte Media
Publishing Plattform erleichtert die Bildauswahl in Redaktionen von
der Bildproduktion bis zur Veröffentlichung. Zweiter Präsentator war
"wafana", die erste Fakten-Check Agentur in Deutschland. Coachings
und technische Verifizierungshilfen helfen Redakteuren, Fakten
einzuordnen. "Mashtag" das "New Media" Redaktionssystem kuratiert und
bewertet Nachrichten nach Relevanz für Leser. Die Gründer von
"Buzzard" zeigen zu allen politischen Themen Pro- und Contra-Artikel
und damit unparteiische Perspektiven abseits der Leitmedien. Wie
transparenter und fairer Datenaustausch zwischen Nutzern und
Wirtschaftsunternehmen funktioniert, zeigten abschließend die Gründer
von "personiq".
Das auch etablierte Medienunternehmen zu Innovationen fähig sind,
belegte Alexander Schaffer, Programmleiter von Bayern 2 Radio. Er
stellte die neue Bayern 2 App vor, die über das Nutzerverhalten
mitlernt. Die App merkt sich Inhalte, die der Nutzer nicht hören
möchte und solche, die ihm gefallen haben und stellt das Programm
individuell neu zusammen.
Eine Deutschland-Premiere zum Finale
Eine Premiere zeigte Oliver Markert, Director Focus local. "Focus
local" produziert mit 25 Mitarbeitern 68.000 Artikel pro Monat für
den Lokaljournalismus. Der Content entsteht über einen eigens
programmierten Mail-Roboter, Importer wie die "dpa Regiolines" und
autorisierte Nachrichtenquellen wie Behörden und
Nachbarschafts-Communities. Alleine 11.0000 Wetter-Artikel kommen
täglich von einem Wetter-Roboter und auch "User Generated Content"
ist ein Thema. Ziel bis zum Jahresende seien über voll- und
halbautomatisierte Prozesse pro Monat 2 Millionen Artikel für die
Lokalberichterstattung zu generieren.
Gründer Holger Weiss bildete den Schlusspunkt des
Medieninnovationstages. 'Hände ans Lenkrad und Auge auf die Straße'
ist das Ziel des Start-ups "Chris". Medien-Nutzung im Auto ist immer
noch ein Problem, das viele Autofahrer kennen. Die integriere Hard-
und Software "Chris" vereinfacht als Interface die Kommunikation
zwischen mobilen Endgeräten und dem Fahrer.
"Emotionale Offenheit gegenüber Neuem", so wie es BLM-Präsident
Schneider gefordert hatte, war während des vierten media.innovations
allerorten spürbar. Nun gilt es, sie in die Medienlandschaft und in
die breite Öffentlichkeit zu tragen.
Weitere Informationen, Vorträge, Fotos und den Live-Blog zur
Veranstaltung inklusive Interviews mit den Referenten finden Sie
unter: https://medienpuls-bayern.de/event/mediainnovations-2017.
Pressekontakt:
Dr. Wolfgang Flieger
Pressesprecher
Tel.: (089) 638 08-313
wolfgang.flieger(at)blm.de
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