(ots) - Die ehrenamtlich tätigen Psychiater/innen von
Ärzte der Welt beobachten während psychiatrischer Sprechstunden in
Sammelunterkünften von Flüchtlingen eine besorgniserregende Zahl von
psychischen Krankheiten.
Seit 2015 engagiert sich Ärzte der Welt für Flüchtlinge in
München. Ein Behandlungsbus fährt zwei Mal wöchentlich
Gemeinschaftsunterkünfte an. Unser Team versorgt die Menschen
medizinisch und unterstützt dabei, sie ins Regelsystem zu
integrieren.
Da die Ärzte und Ärztinnen im Projekt immer wieder beobachtet
hatten, dass die psychische Gesundheit vieler Bewohner(innen)
beeinträchtigt ist, wurde das Angebot durch psychiatrische
Sprechstunden erweitert. Diese werden von ehrenamtlichen
Psychiater/innen durchgeführt, können aber nur die dringendsten Fälle
begleiten. "Unter den prekären Lebensbedingungen in den
Sammelunterkünften verschlechtert sich die psychische Gesundheit von
Menschen mit Traumafolgestörungen, von Frauen mit Gewalterfahrung und
Kindern, ständig", beobachtet die Psychiaterin Stephanie Hinum.
"Gesetzliche und bürokratische Hürden aber machen den Zugang für eine
Behandlung von psychischen Erkrankungen geradezu unmöglich."
Zu den belastenden Lebensbedingungen in den Sammelunterkünften
kommt in den letzten Wochen hinzu, dass wiederholt Bewohner/innen
nachts von der Polizei aus den Unterkünften abgeholt werden. Auch ein
Patient, den unsere Ärztin psychiatrisch behandelt hatte, war unter
den Personen, die nicht mehr geortet werden konnten. "Wir sind sehr
besorgt über diese Vorgehensweise der unangekündigten Abschiebung",
sagt Dr. Stephanie Hinum, "wir beobachten, dass viele Menschen unter
massiven Schlafstörungen, Angst und Depressionen leiden. Wir sehen
auch, dass dadurch die Spannungen zwischen den Bewohnern steigen.
Eine bereits beeinträchtigte psychische Gesundheit einiger Bewohner
wird durch das Vorgehen der Behörden weiter destabilisiert - mit
unabsehbaren Konsequenzen."
Ärzte der Welt wendet sich entschieden gegen breit angelegte
Ãœberraschungsabschiebungen. Auch appelliert die Organisation an
politische Entscheidungsträger, dass Asylbewerber/innen zügig in
Unterkünfte umziehen können, die eine Privatsphäre erlauben und die
psychische Gesundheit nicht verschlechtern.
Darüber hinaus fordert Ärzte der Welt, dass Flüchtlinge in
ausreichendem Maße psychosoziale Versorgung erhalten. Dies beinhaltet
zum einen den Zugang zu dem vollständigen Leistungsspektrums der
gesetzlichen Krankenkassen als auch den Abbau von Zugangsbarrieren,
(wie z.B. Sprachbarrieren). Nur dadurch kann eine bedarfsgerechte
Versorgung gesichert werden.
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Ute Zurmühl
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