PresseKat - Junge Europäer: EU ist eher Wirtschaftsraum als Wertegemeinschaft / Fragile Zustimmung zu Projekt E

Junge Europäer: EU ist eher Wirtschaftsraum als Wertegemeinschaft / Fragile Zustimmung zu Projekt Europa

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(ots) -

- Junge Europäer kritisieren konkrete politische Ziele und Pläne der
EU und stören sich an Arbeitsweise der EU-Institutionen
- Mehr als ein Drittel will, dass EU wieder Macht an nationale
Regierungen zurückgibt
- Insgesamt sieht nur Hälfte der jungen Europäer die Demokratie als
beste Staatsform an
- EU-Skeptiker sehen sich wirtschaftlich unter Druck
- Globalisierung und offene Grenzen werden von ihnen als
Bedrohung wahrgenommen
- "Junges Europa 2017 - Jugendstudie der TUI Stiftung" durchgeführt
von YouGov in sieben EU-Ländern (Deutschland, Frankreich, Spanien,
Italien, Großbritannien, Polen, Griechenland); 6000 junge Menschen
zwischen 16 und 26 Jahren befragt

Für drei von vier jungen Europäern sind nicht gemeinsame Werte,
sondern die wirtschaftliche Zusammenarbeit der Kern der Europäischen
Union. Das ist eines der zentralen Ergebnisse der Europäischen
Jugendstudie, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag
der TUI Stiftung erstellt hat. So sehen 76 Prozent der Befragten die
EU als wirtschaftliches Bündnis und nur 30 Prozent als Bündnis von
Ländern mit gemeinsamen kulturellen Werten.

Lediglich 18 Prozent der jungen Europäer schreiben der EU eine
gemeinsame kulturelle Basis zu, nur sieben Prozent den Wert "Religion
und christliche Kultur". Thomas Ellerbeck, Vorsitzender des
Kuratoriums der TUI Stiftung, sah deshalb bei der Vorstellung der
Studie am Donnerstag in Berlin die gesamte Gesellschaft in der
Pflicht: "Die wertebasierten Bindekräfte Europas wurden lange Zeit
für selbstverständlich gehalten. Die Europäische Jugendstudie zeigt,
dass diese Selbstverständlichkeit nicht mehr gilt. Ein Europa, dessen
Wert vor allem in den Vorteilen des Binnenmarktes gesehen wird, droht
austauschbar und beliebig zu werden. Deshalb ist es wichtig, über die




gemeinsamen Werte Europas zu diskutieren. Hier sind alle
gesellschaftlichen Akteure gefordert, nicht nur die Politik."

Zu viel Verwaltung, zu wenig Mitgestaltung

Jungen Menschen sind die politischen Handlungsspielräume auf der
europäische Ebene zu vage. Die EU wird eher als Verwaltungsapparat,
denn als eine Gemeinschaft gesehen, in der gestaltet und verändert
werden kann. 37 Prozent kritisieren konkrete politische Ziele und
Pläne der EU, 27 Prozent stört die grundsätzliche Organisation und
Arbeitsweise der Europäischen Institutionen.

Insgesamt sieht nur gut die Hälfte (52 Prozent) der jungen
Europäer die Demokratie als beste Staatsform an. Am wenigsten
überzeugt die Demokratie junge Menschen in Frankreich (42 Prozent),
Italien (45 Prozent) und Polen (42 Prozent). In allen drei Ländern
sind in den vergangenen Jahren demokratiekritische
Populismus-Bewegungen gewachsen. In Deutschland ist die Zustimmung
zur Demokratie als beste Staatsform höher (62 Prozent), Spitzenreiter
ist die "Wiege der Demokratie" Griechenland mit 66 Prozent. Die
Studie zeigt auch, dass sich viele junge Frauen und Männer schwertun
mit dem Einfluss, den ihre Regierungen an die Europäische Union
abtreten. So wünscht sich mehr als ein Drittel der jungen Europäer,
dass die EU wieder Macht an die nationalen Regierungen zurückgibt (38
Prozent). In Griechenland (60 Prozent) und in Großbritannien (44
Prozent) ist diese Tendenz besonders ausgeprägt. Die jungen Deutschen
vertrauen dagegen der EU mehr als die anderen Befragten: Nur 22
Prozent wollen, dass die EU wieder mehr Macht an nationale
Regierungen abgibt.

Thomas Ellerbeck möchte mit der Arbeit der TUI Stiftung dazu
beitragen, dass sich junge Menschen wieder mehr mit dem europäischen
Projekt auseinandersetzen: "Als Stiftung wollen wir Katalysator sein
- für die wichtige gesellschaftliche Debatte darüber, wofür dieses
Europa für eine junge Generation stehen kann. Und wir wollen ganz
praktisch mit unseren Projekten diesen Dialog über Europa befördern."

Verhalten positiver Blick in die Zukunft

Ihre ökonomische Situation und Perspektive wird von den
Jugendlichen in den untersuchten Ländern sehr heterogen beurteilt.
Während insgesamt 29 Prozent der Jugendlichen ihre aktuelle
finanzielle Situation als eher gut einschätzen, beurteilen 32 Prozent
diese als eher schlecht. Besonders negativ äußern sich die
Jugendlichen aus Spanien, Frankreich und Griechenland, während die
Einschätzung aus Deutschland, Polen und Großbritannien
überdurchschnittlich positiv ausfällt.

Ihre Erwartung an eine bessere Zukunft sind aber durchaus
bescheiden: Insgesamt glaubt nur ein gutes Viertel (26 Prozent) der
jungen Europäer, dass ihre Generation einen Lebensstandard über dem
ihrer Eltern erreichen wird. Gut die Hälfte (52 Prozent) ist
diesbezüglich pessimistisch eingestellt und erwartet eine
Verschlechterung.

Jeder fünfte junge Europäer befürwortet EU-Austritt

In keinem Land findet sich unter den jungen Europäern eine
Mehrheit, die für den Austritt des jeweiligen Landes aus der
Europäischen Union ist - aber: immerhin jeder Fünfte befürwortet
einen Austritt seines Landes (21 Prozent). Besonders kritisch sind
die jungen Menschen in Griechenland (31 Prozent für den Austritt),
französische (19 Prozent) und polnische Jugendliche (22 Prozent)
bewegen sich im Mittelfeld. In Deutschland und Spanien wird die
Mitgliedschaft in der EU dagegen am stärksten befürwortet: Nur zwölf
Prozent der Jugendlichen beider Länder würden bei einem Referendum
gegen den Verbleib in der EU stimmen. Die EU-Skeptiker fühlen sich
ökonomisch stärker unter Druck als EU-Befürworter und sind generell
pessimistischer im Hinblick auf die Zukunft. EU-Befürworter blicken
eher optimistisch in die Zukunft (74 Prozent), bei den Ablehnern sind
es nur 66 Prozent.

Real sind EU-Skeptiker aber wirtschaftlich nicht schlechter
gestellt als EU-Befürworter, wie deren Angaben zum verfügbaren
Einkommen zeigen. Globalisierung, Digitalisierung und offene Grenzen
in der EU nehmen sie eher als Bedrohung wahr. 53 Prozent der
Befürworter empfinden die Globalisierung als Chance, bei den
Skeptikern sind es 28, bei den offenen Grenzen sind es 63 zu 34
Prozent.

Marcus Spittler vom Wissenschaftszentrum Berlin für
Sozialforschung (WZB) hat sich die Ergebnisse der Jugendstudie der
TUI Stiftung vor dem Hintergrund des wissenschaftlichen
Forschungsstandes zum Thema angeschaut. Er sieht bei den Ergebnissen
Parallelen zur Gesamtbevölkerung: "Die Studie der TUI Stiftung weist
deutlich auf das Dilemma der Europäischen Union hin. Auf der einen
Seite sprechen sich junge Europäer mit großer Mehrheit für den
Verbleib ihres Landes in der EU aus. Gleichzeitig stimmen sie
überwiegend für einen Transfer von Kompetenzen zurück auf die
nationale Ebene, fordern jedoch selbst mehr direkte
Mitsprachemöglichkeiten auf der europäischen Ebene." Für eine
generelle Jugendschelte taugten diese Zahlen jedoch nicht, warnt
Spittler: "Die jungen Erwachsenen unterstützen prinzipiell die
europäische Idee, sind aber zunehmend misstrauisch, wenn es um
konkrete Maßnahmen und kurzfristige Projekte geht. Man kann sie als
kritische Europäer bezeichnen. Kritisch sind sie, weil sie
spezifische Politiken und institutionelle Arrangements hinterfragen.
Ihre Zufriedenheit mit der EU ist begrenzt, sie basiert auf keinem
gemeinsamen Wertegerüst. Dementsprechend fragil bleibt ihre
Zustimmung für das europäische Projekt."

Hintergründe zur Studie

Um die Lebenswelt, Identität(en) und Einstellungen junger Europäer
gegenüber Europa im Jahr 2017 besser zu verstehen, hat die TUI
Stiftung das internationale Meinungsforschungsinstitut YouGov mit
einer Befragung junger Menschen in Frankreich, Deutschland,
Griechenland, Italien, Polen, Spanien und Großbritannien beauftragt.
Dazu wurden vom 16. Februar bis zum 3. März 2017 insgesamt 6.000
junge Menschen im Alter von 16 bis 26 Jahren online befragt. In jedem
Land wurden die Teilnehmer nach den Merkmalen Alter und Geschlecht
repräsentativ entsprechend der tatsächlichen Verteilungen je Land in
Online-Panels rekrutiert. Ergebnisse, die über alle Länder hinweg
ausgewiesen werden, wurden so gewichtet, dass jedes Land mit dem
gleichen Gewicht eingeht.

Ãœber die TUI Stiftung

Die TUI Stiftung fördert und realisiert Projekte rund um das Thema
"Junges Europa". Ihr Ziel ist es, den Europagedanken zu stärken.
Deshalb investiert sie langfristig in regionale, nationale und
internationale Projekte mit den Schwerpunkten Bildung, Ausbildung
sowie individuelle und berufliche Entwicklung. Sie hat ihren Sitz in
Hannover und ist als eigenständige und unabhängige Stiftung dem
Gemeinwohl verpflichtet.

Alle Ergebnisse der Studie sowie eine Zusammenfassung mit den
wichtigsten Zahlen finden Sie hier: http://ots.de/2akn1



Pressekontakt:
Christian Rapp, Leiter Stiftungs-Kommunikation
Tel. +49 (0) 170 566 6028
christian.rapp(at)tui.com

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Datum: 04.05.2017 - 10:51 Uhr
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