(ots) -
"Die deutsche Industrie verursacht jedes Jahr mindestens 200
Terrawattstunden an Abwärme", sagt Dr. Fabian Jäger-Gildemeister,
Ansprechpartner für Energieeffizienzaspekte im Industriesektor des
Umweltbundesamtes (UBA). Damit pustet sie jedes Jahr Energiemengen
ungenutzt in die Luft, die dem jährlichen Energieverbrauch Dänemarks
entsprechen.
Der Hauptgrund dafür liegt in der Prozesswärme, die bei
technischen Verfahren, wie zum Beispiel beim Betrieb von Hochöfen
oder dem Backen von Brötchen, benötigt wird. Sie macht mit rund 455
Terrawattstunden mehr als 60 Prozent des industriellen
Endenergieverbrauchs aus. Energie, die zu einem großen Teil verloren
geht und dennoch bezahlt werden muss. "Ich schätze, dass 3 bis 6
Milliarden Euro eingespart werden könnten", so Dr.
Jäger-Gildemeister. Und auch die Umwelt würde profitieren, denn
zwischen 50 und 60 Millionen Tonnen CO2 seien jährlich vermeidbar -
beinahe die Hälfte der Menge, um die der Wald hierzulande pro Jahr
die Atmosphäre entlastet.
"Insbesondere die Metallverarbeitung, die chemische Industrie oder
die Zementindustrie haben da großes Potenzial", berichtet Dr. Martin
Pehnt, Geschäftsführer des Instituts für Energie- und Umweltforschung
in Heidelberg (ifeu). "Aber auch in allen anderen Branchen sind
ungeborgene Potenziale zu finden."
Strom, Heizung oder Kälte: Abwärme ist vielfältig nutzbar
Die Möglichkeiten, wie Unternehmen Abwärme nutzen können, sind
vielfältig. "An erster Stelle gilt es zu prüfen, wie man die
Entstehung von Abwärme mittels effizienter Techniken so gering wie
möglich halten kann", rät Dr. Jäger-Gildemeister. Dies kann zum
Beispiel mit einer besseren Dämmung oder der Überprüfung der
Produktionsprozesse geschehen.
Im zweiten Schritt kommt die so genannte Abwärmekaskade ins Spiel.
Wie bei einer Partnervermittlung wird hier untersucht, welcher
industrielle Vorgang am besten zu der produzierten Abwärme passt. Bei
hohen Temperaturen von 400 bis 1.000 Grad kann Abwärme dem
Produktionsprozess zurückgeführt werden - im Idealfall wird sie zur
Vorwärmung von Verbrennungsluft eingesetzt. "Das ist die Maßnahme,
die am einfachsten umgesetzt werden kann und daher am häufigsten
vorkommt", sagt Dr. Jäger-Gildemeister. Ein breites Anwendungsfeld
ist auch die Abwärmenutzung zur Stromerzeugung.
"Verstromung funktioniert vor allem dann, wenn es sehr
konzentrierte Abwärmeströme und ein hohes Temperaturniveau gibt",
erklärt Pehnt. Innovative Technologien erlauben eine Verstromung
mittlerweile sogar bei Temperaturen ab 80 Grad. Sogenannte
Absorptionskältemaschinen erzeugen aus 80 bis 150 Grad heißer Abwärme
sogar Kälte. Zudem lässt sich Abwärme natürlich auch nutzen, um Räume
zu beheizen oder Warmwasser zu produzieren. Dafür genügen dann auch
schon Temperaturen ab 40 Grad.
Lassen es die Rahmenbedingungen zu, kann Abwärme auch in
Fernwärmenetze außerhalb des Betriebes eingespeist werden. Nach
diesem Muster verfährt zum Beispiel das Hamburger Unternehmen
Aurubis, das ab 2018 in Kooperation mit dem Wärmenetzbetreiber
enercity fast die gesamte Hafencity Ost mit Abwärme aus einer seiner
Kupferschmelzen beheizt.
Im Einzelfall sind hohe zweistellige Renditen möglich
Laut der Deutschen Energie-Agentur (dena) liegt die interne
Verzinsung häufig im zweistelligen Bereich. Das macht das Thema nicht
nur aus Umweltschutzgründen interessant. "Wie wirtschaftlich
Maßnahmen sind, sollte letztlich ein Energieberater ausarbeiten",
sagt Pehnt.
Unternehmen können für ihr Vorhaben mit staatlichen Förderungen
rechnen. Unter anderem unterstützt die Kreditanstalt für Wiederaufbau
(KfW) Maßnahmen zur Reduktion oder Nutzung von Abwärme mit günstigen
Krediten bis zu 25 Millionen Euro und einem vom BMWi finanzierten
Tilgungszuschuss von 30 bis 40 Prozent. Für kleine und mittlere
Unternehmen gibt es noch einen zehnprozentigen Bonus oben drauf.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website der KfW kfw.de.
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