(ots) - Jörg Kachelmann (58) ist für seinen Sohn (3)
präsent. "Ich sehe ihn fast jeden Tag von morgens bis abends, weil
ich von zu Hause aus arbeite", verrät der Wetter-Mann im Interview
mit der Zeitschrift FRAU IM SPIEGEL. "Das ist der Vorteil für mich
als alten Sack: Jungväter kommen meist erst nach Hause, wenn das Kind
schon schläft. Andererseits bin ich sehr alt - das ist ein Nachteil
auf die lange Strecke gesehen." Kachelmann sprach mit FRAU IM SPIEGEL
über das Leben nach dem Prozess, die Ehe mit Miriam (31) und seinen
Sohn.
"Seit Mannheim, wo ich in U-Haft saß, muss ich Blutdruck-Tabletten
nehmen, und in Europa bin ich im Alarmzustand. Ich wurde permanent
verfolgt, das vergisst man nicht", erzählt er. "Daher weiß ich nicht,
wo wir in Zukunft leben werden, wo das Kind zur Schule geht. Sobald
ich in einem anderen Kontinent bin, ist mein Blutdruck nur noch halb
so hoch." Es seien ein paar Dinge nicht mehr rückgängig zu machen.
"Die Falschbeschuldigerin täuschte immer ein Trauma vor. Aber ich
habe sicher auch ein paar kleine", sagt Kachelmann.
Dass er immer Schal trägt, sei "eine der wenigen Neurosen, die
noch da sind". 2010 und 2011 sei für ihn eine Vermummungszeit
gewesen: "Wenn ich damals auf einer Autobahnraststätte ankam,
stürmten aus drei Autos Fotografen auf mich zu. Das war schwer
auszuhalten." Der Schal sei eine Tarnmaßnahme gewesen. "Der, den ich
heute trage, ist ein besonderer", sagt Kachelmann im Interview. Das
sei der "Schwenn-Glücks-Schal". Denn: "Am Tag der Entscheidung des
Oberlandesgerichts Frankfurt (an dem er den Schadensersatz-Prozess
gegen seine Ex-Geliebte gewann, Anm. d. Red.) hatte ich meinen Schal
vergessen und bat meinen Verteidiger Johann Schwenn, mir einen vom
Hamburger Flughafen mitzubringen." Diesen Schal trage er seitdem
gerne bei neuen Aufgaben, er habe eine beruhigende Wirkung auf ihn.
Schwenn habe "durch seine Arbeit im Kampf gegen das Verbrechen" ein
neues Leben erst möglich gemacht. "Deshalb trägt unser Sohn als
zweiten Vornamen den von Schwenn", erzählt der 58-Jährige.
"Von meiner früheren Sorglosigkeit bin ich weit entfernt", so Jörg
Kachelmann. "Ich hatte viel Kohle! Für 'nen Werbespot bekommt man als
Promi gerne mal 150 000 Euro und mehr. Für einen Vortrag gab's
grundsätzlich 10 000 Euro." Es sei etwas schwerer, mit fast 60 von
vorne zu beginnen. "Wir sind ein Start-up und verdienen noch nicht so
viel Geld", sagt Kachelmann. "Aber wenn alle nur noch auf
www.kachelmannwetter.com klicken..." Er sei ein One-Trick-Pony: "Ich
kann nur das Wetter vorhersagen und in Talkshows Leute ärgern."
Sechs Jahre nach dem Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung ist
Jörg Kachelmann zurück im Fernsehen: Bei "sonnenklar.TV" präsentiert
der Ex-ARD-Meteorologe einmal pro Monat das Urlaubswetter. Alle
sprachen jetzt von seinem großen Comeback. Ob er das als solches
sieht? - "Ich moderiere bei 'sonnenklar.TV' nun erst mal bis Juli.
Ich habe drei europäische Firmen, dazu eine australische und eine
amerikanische. Wir versuchen also mehr oder weniger, die
Weltherrschaft bei der Wettervorhersage zu übernehmen. Aber das ist
leider allen egal - weil ich heute über Wetter im Fernsehen erzähle",
sagt Kachelmann. "Ein bisschen verrückt, dass gerade das so bedeutend
ist."
Angebote wie für die Pro7-Show "Der Maulwurf" schlägt er aus. "Da
gehe ich lieber irgendwo kellnern, als dass ich diese Elends-Formate
der Wurstsender mache." Warum er diese Entscheidung bei Twitter
veröffentlichte? - "Ich hoffe immer, dass diese bescheuerten Anfragen
so aufhören", erklärt er. Es habe auch eine demütigende Komponente.
"Denn natürlich hat das mit 2010 zu tun. Alle Anfragen, die nur da
sind, weil ich das erleben durfte, sind von vornherein des Teufels",
findet Jörg Kachelmann.
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