(ots) -
Mittwoch, 17. Mai 2017, 22:15 Uhr
auslandsjournal spezial
Zwischen Revolution und Resignation - Iran vor der Wahl"
mit Antje Pieper
Wie tickt das Land nach vier Jahren Amtszeit des Reformers Hassan
Rohani und zwei Jahren seit Unterzeichnung des Atomabkommens?
Der Iran drängt nach Jahren der Isolation wieder auf die Weltbühne.
Als Regionalmacht im Nahen Osten und als Wirtschaftsmacht für
westliche Investoren.
Doch offenbar bewirkt die Öffnung nach Abschluss des Atomabkommens
kaum Änderungen der Lebensverhältnisse in der Islamischen Republik.
"Gar nichts hat sich verändert. Vieles ist schlimmer geworden, nichts
aber besser. Wir leben in Armut, die Arbeitslosigkeit ist hoch, wir
haben Drogenprobleme und finanzielle Sorgen." Auf dem Basar von
Teheran beklagen sich Händler und Kunden über den Zustand des Landes.
Antje Pieper reist kurz vor der Präsidentschaftswahl für ein
"auslandsjournal spezial" durch das Land. Dabei begegnet sie Menschen
aus den unterschiedlichsten Schichten: armen Taxifahrern, reichen
Geschäftsfrauen, strengen Ayatollahs, rebellischen Skaterinnen und
unzufriedenen Basarverkäufern.
Dass vieles im Land unverändert geblieben ist, lässt Masoumeh
Ebtekar, Vizepräsidentin und Gesundheitsministerin, im Interview ganz
klar erkennen: "Wir haben verschiedene Arten von Erwartungen,
Einstellungen und Denkweisen in unserer Gesellschaft. Wichtig ist,
dass der Iran eine islamische Gesellschaft ist. Individuelle Rechte
und unser soziales Konstrukt werden im Rahmen der islamischen Lehre
definiert."
Die sechs Kandidaten, die am 19. Mai zur Wahl stehen, wurden vom
Wächterrat der Islamischen Republik ausgesucht und unterscheiden
sich, vom Reformer Rohani bis zum Hardliner Raisi, lediglich durch
ihre Position im Spektrum des Gottesstaates. Das Konzept der
Islamischen Republik selbst stellt aber keiner von ihnen in Frage.
Ayatollah Hadavi Tehrani, eine religiöse Instanz aus Ghom, dem
geistigen Zentrum des Iran, erklärt dies so: "Wir leben eine
praktisch angewandte Mischung zweier Sphären - aus Sicht der
westlichen Kultur ist das seltsam: Staat und Religion gehören für uns
zusammen. Die Menschen leben in einem Rechtsstaat und gleichzeitig in
einem Gottesstaat."
Folter, grausame Strafen wie Peitschenhiebe und Exekutionen, aber
auch die Diskriminierung von Frauen gehören nach wie vor zu diesem
System. Viele junge, westlich orientierte Iraner sind in die USA oder
nach Europa ausgewandert, weil sie unter diesen Bedingungen keine
Zukunft mehr für sich im Land sehen. Andere, die im Land geblieben
sind, trauen keinem der Kandidaten einen Wandel zu mehr Freiheit zu.
Sie leben, wie fast alle Iraner, ein schizophrenes Leben, rebellieren
im Privaten.
Padideh Azin, eine Innenarchitektin, die im reichen Norden von
Teheran lebt, beschreibt es so: "Es war schon immer so, dass man hier
zwei Leben lebt, ein privates und ein öffentliches. Das wird sich
auch nicht ändern."
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