(ots) - Freiburg, 25.05.2017 - Der 120. Deutsche Ärztetag
in Freiburg hat der Bundesärztekammer in einem mit überwältigender
Mehrheit angenommenen Beschluss Rückendeckung für die weiteren
Verhandlungen über eine Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)
gegeben. Die Delegierten begrüßten insbesondere die unmittelbare
Einbindung der ärztlichen Berufsverbände und
wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften in den
Novellierungsprozess. Das Ärzteparlament forderte die
Bundesärztekammer auf, die von den ärztlichen Berufsverbänden und
wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften eingebrachten
Änderungsvorschläge zum Leistungsverzeichnis unter deren Beteiligung
mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) und
der Beihilfe abzustimmen. Die Verbände und Fachgesellschaften sollen
auch weiterhin in den noch laufenden Bewertungsprozess eingebunden
werden. Der Beschluss des Ärztetages sieht außerdem vor, dass ein
geeignetes Verfahren zur dauerhaften Beteiligung auch über den
Novellierungsprozess hinaus zu Fragen der Weiterentwicklung und
Pflege der neuen GOÄ etabliert werden soll. "Die Bundesärztekammer
soll sich im Rahmen der Fassung der Geschäftsordnung der Gemeinsamen
Kommission zur Weiterentwicklung der GOÄ (GeKo) für ein Gastrecht der
entsprechenden Verbände einsetzen", so der Ärztetag. Für den weiteren
Novellierungsprozess hat der Ärztetag die Bundesärztekammer
beauftragt, die mit den ärztlichen Berufsverbänden und
wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften überarbeiteten
Entwürfe zum Leistungsverzeichnis und den finalen Bewertungen der GOÄ
an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zu übergeben und
Änderungen der Bundesärzteordnung (BÄO) und des Paragrafenteils der
GOÄ zu akzeptieren, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:
1.Die Leistungslegendierungen und -bewertungen entsprechen den
aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen und sind
zwischen den ärztlichen Berufsverbänden und
wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, der
Bundesärztekammer, dem PKV-Verband und der Beihilfe sowie dem BMG
abgestimmt.
2.Die Leistungen werden mit einem Einfachsatz bewertet, der mit
dem bisherigen durchschnittlichen Steigerungssatz vergleichbar ist.
Erforderliche Zusatzaufwände, die sich aus der jeweiligen Leistung,
den Umständen ihrer Erbringung oder aus patientenbezogenen Gründen
ergeben, sind in entsprechenden leistungsbezogenen, den zeitlichen
und qualitativen Aufwand berücksichtigenden Erschwerniszuschlägen
abgebildet. Darüber hinausgehende besondere Erschwernisgründe, die
zur Steigerung auf den zweifachen Gebührensatz berechtigen, werden in
einer sogenannten Positivliste aufgenommen.
3.Die sogenannte Negativliste, nach der für spezielle
Behandlungsumstände eine Steigerung ausgeschlossen werden sollte,
wird gestrichen.
4.Die Leistungsbewertungen folgen einer betriebswirtschaftlichen
Grundkalkulation. In nachvollziehbaren Simulationsrechnungen führen
die Bewertungen zum erwarteten Preiseffekt der neuen GOÄ von
mindestens 5,8 % (+/- 0,6 %) Ausgabensteigerung der PKV-Unternehmen
und der Beihilfe je substitutiv Krankenversicherten in den ersten
drei Jahren nach dem Inkrafttreten der neuen GOÄ. Die
betriebswirtschaftliche Grundkalkulation ermöglicht die
kontinuierliche Weiterentwicklung der GOÄ, insbesondere bei Aufnahme
neuer innovativer Leistungen oder bei Anpassung der GOÄ in Bezug auf
allgemeine und spezielle Kostenentwicklungen.
5.Leistungen der persönlichen ärztlichen Zuwendung sowie
hausärztliche Leistungen werden durch die Aufnahme zeitgestaffelter
Gesprächsleistungen besser abgebildet und angemessen vergütet.
6.Die Bildung von Analogziffern bei innovativen, nicht im
Gebührenverzeichnis aufgenommenen Leistungen ist weiterhin möglich.
Darüber hinaus ist auch die analoge Berechnung von
Verlangensleistungen möglich.
7.Individuelle Gesundheitsleistungen sind weiterhin nach der GOÄ
- auch als analoge Leistungen - berechnungsfähig.
8.Mit der Einrichtung einer GeKo, die dem Verordnungsgeber
fortlaufend die Aufnahme neuer Behandlungs- und Diagnoseverfahren
empfehlen soll, ist eine kontinuierliche Weiterentwicklung der GOÄ
entsprechend des medizinischen Fortschritts gewährleistet.
9.Die Empfehlungen der GeKo haben einen rechtsprägenden
Charakter. Sie können nur einstimmig und damit ausschließlich mit
Zustimmung der von der Bundesärztekammer repräsentierten Ärzteseite
zustande kommen.
10.In einer dreijährigen Monitoringphase nach Inkrafttreten der
neuen GOÄ wird die Ausgabenentwicklung von PKV und Beihilfe durch die
GeKo mit Hilfe einer von ihr beauftragten Datenstelle analysiert. Im
Rahmen des Monitorings erfolgt die Analyse der GOÄ-basierten
Ausgabensteigerung von PKV und Beihilfe je substitutiv
Krankenversicherten ausschließlich bezogen auf den erwarteten
Preiseffekt durch die neue GOÄ von mindestens 5,8 % (+/- 0,6 %). Die
Analysen zum Preiseffekt der neuen GOÄ basieren auf Daten der
sogenannten Kopfschadenstatistik, die aufgrund gesetzlicher
Verpflichtungen von den PKV-Unternehmen und der Beihilfe an die
Bundesanstalt für die Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gemeldet
werden. Leistungen auf Verlangen (Wunschleistungen) - mit "V" zu
kennzeichnen - und alle sonstigen Leistungen anderer Kostenträger
sind kein Bestandteil der Datenerhebung der Datenstelle. Sie sind für
Kostenentwicklungen grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, auch
nicht im Rahmen der Monitoringphase von drei Jahren.
11.Die Bundesärztekammer ist berechtigt, eigene Daten an die
Datenstelle zu übersenden. Bei Überschreiten oder unterschreiten der
Grenzen des erwarteten Preiseffektes der neuen GOÄ nimmt die GeKo
Beratungen zu den Ursachen des Ãœberschreitens oder Unterschreitens
auf. Automatische Anpassungselemente der GOÄ bei Verfehlen des
Preiseffektes nach oben oder unten sind nicht vorgesehen.
Ausgabenentwicklungen, die aufgrund von Morbidität, Alter,
innovativer oder neuer Leistungen, Epidemien, Veränderung der Anzahl
der Versicherten oder der Anzahl der Ärzte entstanden sind, sind mit
Hilfe der von der GeKo beauftragten Datenstelle in geeigneten
rechnerischen Verfahren vom Preiseffekt zu differenzieren und nicht
Gegenstand möglicher Empfehlungen der GeKo zur Weiterentwicklung der
GOÄ. Die Analyse der Kopfschadenstatistik von PKV und Beihilfe
beschränkt sich ausschließlich auf den Zeitraum der dreijährigen
Einführungsphase.
12.Die Bundesärztekammer wird die so beschriebene Neuordnung der
GOÄ nur dann beim BMG als konsentiert einbringen, wenn von einer
neuen Bundesregierung in der nächsten Legislaturperiode des
Bundestages keine weiteren grundlegenden ordnungspolitischen
Beeinträchtigungen in der privatärztlichen Versorgung vorgesehen
sind. Das gilt insbesondere für den Fall, dass eine GOÄ unabhängige
Einheitsgebührenordnung geplant wird.
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