Leitfaden für Anleger
(firmenpresse) - Der Regelfall bei der Unternehmensfinanzierung stellen Darlehen dar, die Rückzahlungspflichten nach § 488 Abs. 1 BGB enthalten (englisch: senior debt). Damit sind die Darlehensnehmer reguläre Gläubiger des Unternehmens.
Nachrangige Darlehen (englisch: junior debt, subordinated loans) sind Finanzinstrumente, die im Falle der Liquidation oder Insolvenz im Rang hinter andere Forderungen gegen das schuldende Unternehmen zurücktreten.
Das Nachrangdarlehen kann als Mischform aus Eigen- und Fremdkapital betrachtet werden. Man spricht hierbei von einer hybriden oder mezzaninen Finanzierungsform. Ebenso wie Genussrechte und stille Beteiligungen sind sie unternehmerische Risikobeteiligungen.
Das partiarische Darlehen ist ein Darlehen im Sinne des § 488 BGB, bei dem der Darlehensgeber neben oder anstelle einer Festverzinsung eine Beteiligung an einem Unternehmenserfolg erhält. Diese gewährt dem Anleger eine weit über dem aktuell üblichen Darlehenszinssatz liegende Rendite. Das Unternehmen muss dagegen nur einen an den konkreten Unternehmensgewinn angepassten Zins bezahlen. Statt einer Gewinnbeteiligung wird oft eine Umsatzbeteiligung angeboten. Der Vorteil der Umsatzbeteiligung liegt darin, dass sie sehr leicht auszurechnen ist, während bei der Gewinnbeteiligung erst auf die Bilanz gewartet werden muss. Die Gewinnbeteiligung ist zudem nicht immer einfach zu berechnen und durch Bewertungswahlrechte belastet. Manche Unternehmen beschränken die Beteiligung auf das Ergebnis oder den Umsatz aus einzelnen fest definierten Geschäften (z.B. Erlös aus der Verwertung von Immobilien, die zuvor mit Hilfe des partiarischen Darlehens erworben wurden).
Das partiarische Nachrangdarlehen (als Fachbegriff auch als Junior Dept oder Subordinated Loan bekannt) ist eine Sonderform des partiarischen Darlehens und als solches seit Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes Vermögensanlage im Sinne des VermAnlG, § 1 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG. Es besteht also auch bei diesem Finanzierungsinstrument inzwischen je nach Ausgestaltung eine Prospektpflicht und die an einen Vertrieb über Dritte gestellten formalen Vorgaben entsprechen denen anderer Vermögensanlagen.
Ein wesentlicher Vorteil des partiarischen Darlehens gegenüber anderen Kapitalanlagenprodukten ist, dass der Investor nicht Gesellschafter wird. Er ist zwar über die Gewinnbeteiligung am Unternehmenserfolg beteiligt, aber nicht an dem Unternehmen selbst.
Der Unternehmer trifft allein alle unternehmerischen Entscheidungen.
Nachrang bedeutet, dass die Forderungen der Darlehensgeber erst nach den Forderungen der übrigen Gläubiger, die keinen Nachrang erklärt haben, erfüllt werden.
Das Nachrangdarlehen ist im Falle einer Insolvenz oder der Gefahr einer Insolvenz nachrangig zu anderen Verbindlichkeiten des Darlehensnehmers zu bedienen.
Nachrangklauseln regeln die Reihenfolge, in der im Insolvenzfall die Inhaber von Forderungen aus der Insolvenzmasse befriedigt werden. Je schlechter die Rangposition der Forderungen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass ihre Inhaber im Insolvenzverfahren auch nur teilweise bedient werden. Sie werden nur berücksichtigt, wenn das Vermögen ausreicht, alle Gläubiger mit höherem Rang vollständig zu befriedigen. Ein „einfacher“ Nachrang ist eine reine Verteilungsregel für den Insolvenzfall. Solange kein Insolvenzverfahren eröffnet ist, kann ein Gläubiger, der nicht zugleich Gesellschafter ist, den verliehenen Geldbetrag grundsätzlich in voller Höhe zurückfordern, sobald die Forderung fällig ist. Die Aufnahme solcher Gelder ist als Bankgeschäft erlaubnispflichtig nach § 32 Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG).
Will der Darlehensnehmer dies vermeiden, muss er die einfache Nachrangklausel um eine insolvenzverhindernde Qualifikation ergänzen. Beim qualifizierten Nachrang vereinbaren die Parteien, dass die Forderungen des Darlehensgebers auch dann nicht bedient werden, wenn die Rückzahlung einen Insolvenzgrund herbeiführen würde.
Der Bundesgerichtshof hat 2001 entschieden, dass ein derartiger Nachrang Gleichbehandlung mit dem Gesellschaftskapital bedeutet. In dem entschiedenen Fall meinte der BGH, dass Forderungen eines Gesellschafters aus der Gewährung eigenkapitalersetzender Leistungen als Verbindlichkeiten in einer Überschuldungsbilanz anzugeben sind, wenn für sie keine Rangrücktrittserklärung abgegeben worden ist.
Wörtlich führt der BGH aus:
„In Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung zur Vorbelastungs- und Jahresbilanz (BGHZ 124, 282) wird allerdings allgemein angenommen, daß sich die Frage der Passivierung von Gesellschafterforderungen mit eigenkapitalersetzendem Charakter auch beim Überschuldungsstatus dann nicht stellt, wenn der betreffende Gesellschafter seinen Rangrücktritt, also sinngemäß erklärt hat, er wolle wegen der genannten Forderungen erst nach der Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und – bis zur Abwendung der Krise – auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagerückgewähransprüchen seiner Mitgesellschafter berücksichtigt, also so behandelt werden, als handele es sich bei seiner Gesellschafterleistung um statutarisches Kapital (mißverständlich Uhlenbruck aaO Rdnr. 613). Stellt sich der Gesellschafter in dieser Weise wegen seiner Ansprüche aus einer in funktionales Eigenkapital umqualifizierten Drittleistung auf dieselbe Stufe, auf der er selbst und seine Mitgesellschafter hinsichtlich ihrer Einlagen stehen, besteht keine Notwendigkeit, diese Forderungen in den Schuldenstatus der Gesellschaft aufzunehmen.“
BGH Urt. v. 08.01.2001 – II ZR 88/99
Werden hier Fehler in der Konstruktion begangen, kann das dazu führen, dass ein Geschäftsführer eines Unternehmens persönlich zivilrechtlich auf Schadensersatz und strafrechtlich wegen Insolvenzverschleppung in Anspruch genommen wird.
Bis zum Inkrafttreten des sogenannten Kleinanlegerschutzgesetzes war das partiarische Darlehen, anders als zahlreiche andere Beteiligungs- und Investitionsinstrumente, keine Vermögensanlage im Sinne des Gesetzes über Vermögensanlagen (VermAnlG). Dadurch konnten partiarische Darlehen deutlich einfacher konzipiert und vertrieben werden, als etwa Fondsanteile. Es bestand beispielsweise keine Prospektpflicht.
Mit Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes ab dem 10.07.2015 sind partiarische Darlehen Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 VermAnlG).
Für Darlehen, die bereits vor dem 10.07.2015 öffentlich angeboten wurden, greift die Prospektpflicht erst ab dem 01. Januar 2016.
Wesentliche Ausnahmen zu den gesetzlichen Vorgaben sind in § 2 Abs. 2 VermAnlG vorgesehen. Die §§ 5a bis 26 mit Ausnahme von § 18 Absatz 2 und 3 sowie § 19 Absatz 1 Nummer 3 und 4 VermAnlG sind nicht anzuwenden auf Angebote, bei denen:
von derselben Vermögensanlage im Sinne von § 1 Absatz 2 VermAnlG nicht mehr als 20 Anteile angeboten werden
der Verkaufspreis der im Zeitraum von zwölf Monaten angebotenen Anteile einer Vermögensanlage im Sinne von § 1 Absatz 2 VermAnlG insgesamt EUR 100.000 nicht übersteigt oder
der Preis jedes angebotenen Anteils einer Vermögensanlage im Sinne von § 1 Absatz 2 VermAnlG mindestens EUR 200.000,00 je Anleger beträgt.
Liegt eine dieser drei Voraussetzungen vor, so sind also die genannten Vorgaben nicht von Relevanz.
Zudem wurden in § 2a VermAnlG in gewissem Rahmen Erleichterungen für das sogenannte Crowdinvesting in das Gesetz aufgenommen.
Das Kapitalanlagengesetzbuch (KAGB) erfasst das Modell des partiarischen Darlehens oder Nachrangdarlehens nicht da das KAGB an den Begriff des Investmentvermögens anknüpft. Ist keine Verlustbeteiligung vereinbart, liegt kein Organismus für gemeinsame Anlagen vor, mit der Folge dass auch kein Investmentvermögen gegeben ist. Bei Darlehen ist typischerweise keine Verlustbeteiligung gegeben und auch der im Rahmen der partiarischen Darlehen in der Regel vereinbarte qualifizierte Nachrang stellt keine Verlustbeteiligung, sondern lediglich ein temporäres Leistungsverweigerungsrecht dar. Das KAGB ist daher auf das Anlagemodell des partiarischen Darlehens und des Nachrangdarlehens nicht anwendbar.
Weiter ist zu beachten, dass kein Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG vereinbart wird. Das ist gegeben, wenn das partiarisches Darlehen mit einem qualifizierten Nachrang ausgestattet ist, so dass die Gelder nicht mehr unbedingt rückzahlbar sind. Daneben besteht auch die Möglichkeit, das Darlehen mittels einer banküblichen Besicherung auszustatten. Bankübliche Besicherungen sind dabei z. B. Schuldbeitritt, Bürgschaft und Garantie eines lizenzierten Kreditinstituts, sowie auch Hypotheken oder Grundschulden, sofern eine unmittelbare Vollstreckung möglich ist. Ob eine Sicherheit im konkreten Fall als bankübliche Sicherheit dienen kann, muss im Einzelfall genau geprüft werden. Unter „banküblicher“ Besicherung sind in der Regel alle im Bankgeschäft üblichen oder für eine Bank geeigneten Sicherungsmittel zu verstehen, wobei entscheidend ist, dass eine zeitnahe und leichte Verwertung möglich ist. Deswegen sind beispielsweise Besicherungen, bei denen kein direkter Zugriff des Darlehensgebers möglich ist, nicht „banküblich“.
Die partiarischen Darlehen haben eine durch das Kleinanlegerschutzgesetz angeordnete Mindestlaufzeit von 24 Monaten. Darüber hinaus sind sie in ihrer Laufzeit grundsätzlich frei wählbar.
Das Maximalrisiko des Darlehensgebers besteht darin, dass er aufgrund der Ausgestaltung oder des Ergebnisses des Unternehmens weder Zins noch Tilgung erhält.
Auch die Hinzuziehung eines Treuhänders zur Mittelverwendungskontrolle ändert nichts an dem strukturellen Risiko.
Das strukturelle unternehmerische Risiko und damit das Risiko des Totalverlustes sind nicht ausgeschlossen.
Nachrangdarlehen gehören zur Unternehmensfinanzierung. Der Anleger gewährt einem Unternehmen ein Darlehen, dessen Rückerstattung im Fall der Insolvenz des Unternehmens erst dann zurückgeführt werden darf, nachdem alle vorrangigen Darlehen rückerstattet wurden. Nachrangige Darlehen müssen jedoch vor dem Eigenkapital rückerstattet werden. Das heißt, die Eigentümer des Unternehmens dürfen investiertes Kapital oder Gewinne, die das Unternehmen erwirtschaftet hat, erst dann entnehmen, nachdem die nachrangigen Darlehen bedient wurden.
Die Rückzahlung der Nachrangdarlehen ist mit der aufschiebenden Bedingung verknüpft, dass sie im Falle der Insolvenz oder der Liquidation des Kreditnehmers erst nach der Befriedigung anderer (vorrangiger) Gläubiger (senior debt) getilgt werden müssen. Nachrangigkeit bedeutet mithin, dass die hiervon betroffene Forderung im Liquidations- oder Insolvenzfalle des Schuldners erst bedient wird, wenn sämtliche Gesellschaftsgläubiger im Sinne des § 39 Abs. 2 InsO befriedigt wurden, aber im Range vor oder gleichrangig mit den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter im Sinne des § 199 Satz 2 InsO. Diese Bedingung ist als Rangrücktritt, Subordination oder Nachrangabrede ausgestaltet. Eine Rangordnung wird für den Fall festgelegt, dass die Vermögenswerte des Unternehmens nicht ausreichen, um alle Forderungen zu bedienen.
Realistisch betrachtet hat der Geber eines nachrangigen Darlehens keine Chancen, wieder an sein Geld zu kommen. Für sicherheitsorientierte Anleger ist diese Beteiligung als nachrangiger Darlehensgeber völlig ungeeignet.
Anlegern wird suggeriert, das Unternehmen habe Sachwerte und Versicherungen, die eine ausreichende Sicherheit bieten würden.
Ein Darlehensgeber, der mit dem Darlehensnehmer einen qualifizierten Nachrang vereinbart hat, muss sein Kapital wie ein Gesellschafter auch und gerade dann in dem Unternehmen belassen, wenn es in eine wirtschaftliche Schieflage gerät, während ein anderer Drittgläubiger sein Kapital eher abziehen würde. Der Anleger macht die Befriedigung seiner Ansprüche vom wirtschaftlichen Überleben des geldannehmenden Unternehmens abhängig, auch außerhalb der Insolvenz. Sein Kapital haftet für andere Verbindlichkeiten des Unternehmens.
Das ist ein anderes und deutlich höheres Risiko als das allgemeine Insolvenzausfallrisiko. Der Geldgeber spekuliert letztlich auf das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens, ohne dass ihm die Informations- und Kontrollrechte eines Gesellschafters zustünden. Das Unternehmen kann das Nachrangkapital zugunsten anderer Gläubiger verbrauchen, ohne zunächst Insolvenz anmelden zu müssen.
Kapitalmarkterfahrene Geldgeber wirken diesen Risiken entgegen, indem sie Vereinbarungen (Covenants, Inter-Creditor-Agreements) schließen, die ihnen umfangreiche Mitwirkungs- und Kontrollrechte einräumen. So sichern sie sich gesellschafterähnlichen Einblick und Einfluss auf die Geschicke des finanzierten Unternehmens und können darauf hinwirken, dass sich das Kreditrisiko möglichst nicht verschlechtert, nachdem sie das Darlehen vergeben haben.
Zwar ist das Risiko eines Kommanditisten einer KG ebenfalls auf die Hafteinlage beschränkt. Ein Kommanditist muss aber nach § 172 Abs. 4 HGB damit rechnen, dass Ausschüttungen als Entnahmen wieder an die Gesellschaft zurückerstattet werden müssen.
Ähnlich ist es bei der stillen Gesellschaft. Zwar gibt es dort keine Rückzahlungspflicht, wenn die Einlage durch Ausschüttungen angegriffen ist. Der Stille Gesellschafter ist nicht verpflichtet, den bezogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurückzuzahlen; jedoch wird, solange seine Einlage durch Verlust vermindert ist, der jährliche Gewinn zur Deckung des Verlustes verwendet (§ 232 HGB).
Das partiarische Darlehen kann als Vermögensanlage mit einer Erlaubnis nach § 34f Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GewO vertrieben werden.
Seitz
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Stefan A. Seitz
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