(ots) - Der Finanzplatz London war die Hauptdrehscheibe
bei sogenannten Cum-Ex-Geschäften, mit denen der deutsche Fiskus
jahrelang ausgeplündert wurde. Nach Informationen des NDR Magazins
"Panorama" (Das Erste), der Wochenzeitung "Die Zeit" und "Zeit
Online" verursachte eine Bande von nur einem knappen Dutzend Londoner
Investmentbankern den Großteil des Milliardenschadens durch Cum-Ex.
Mehrere Mitglieder der Bande sagen derzeit umfassend bei der Kölner
Staatsanwaltschaft aus. Demnach sprachen sich die Londoner
Investmentbanker bei Aktiengeschäften rund um den Dividendenstichtag
hoch konspirativ ab, um vom deutschen Staat Steuern erstattet zu
bekommen, die nie abgeführt wurden. Der Nachweis solcher Absprachen
würde die Wahrscheinlichkeit späterer Verurteilungen drastisch
erhöhen.
Die Mitglieder des mutmaßlich kriminellen Netzwerks gaben sich
gegenseitig so illustre Spitznamen wie "der Mann in kurzen Hosen",
"der Autist", "der Gentleman" oder "der Verrückte". Um bei ihren
mutmaßlich illegalen Absprachen nicht aufzufliegen, nutzten sie für
jeden Handel ein neues Prepaid-Handy. Verbunden war die Bande auch
über das noble indische Restaurant "The Cinnamon Club" im Londoner
Regierungsviertel, an dem einige von ihnen bis vor etwa zwei Jahren
beteiligt waren. Das Restaurant fungierte offenbar als eine Art
"Cum-Ex-Loge", in die Trader eingeführt wurden, die bereit waren, bei
den mutmaßlich kriminellen Geschäften mitzumachen. Obwohl der
Cum-Ex-Markt riesig gewesen sei - mehr als 100 Banken stehen im
Verdacht, derlei Geschäfte zulasten des Steuerzahlers getätigt zu
haben - , seien es "nur sehr wenige Personen gewesen, die die Fäden
gezogen haben", wie ein Insider gegenüber "Panorama", "Die Zeit" und
"Zeit Online" berichtet.
Die mutmaßliche Bande handelte nicht nur auf eigene Rechnung,
sondern bot das Cum-Ex-Geschäft auch Dritten an. Um welch riesige
Summen es dabei ging, zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 2011. Damals
führte die Londoner Gruppe Aktientransaktionen für zwei Cum-Ex-Fonds
des Luxemburger Fondsanbieters Sheridan durch, in die u. a. Carsten
Maschmeyer, Drogerie-Unternehmer Erwin Müller und Schalke-Boss
Clemens Tönnies investierten. "Panorama", "Die Zeit" und "Zeit
Online" haben ermittelt, welches Ausmaß allein diese Geschäfte im
Jahr 2011 hatten: Laut Ermittlungsakten handelten Londoner Broker
allein für zwei Cum-Ex-Fonds rund um den Dividendenstichtag mit mehr
als einer Milliarde deutscher DAX-Aktien im Wert von über 47
Milliarden Euro.
Zeitweise gehörten ihnen sieben Prozent von Daimler, neun Prozent
von Bayer und zwölf Prozent der Lufthansa. Bei Cum-Ex ist es
tatsächlich ähnlich wie beim Goldschürfen. Je größer die umgewälzten
Mengen, desto mehr bleibt hängen. In diesem Fall verwehrte das
Bundeszentralamt für Steuern letztlich die Auszahlung mehrerer
hundert Millionen Euro an Steuern und löste so Ermittlungen der
Kölner Staatsanwaltschaft aus. Nach vier Jahren intensiver
Ermittlungen mit Durchsuchungen auf der ganzen Welt sagen nun seit
kurzem mehrere Beschuldigte sowie Cum-Ex-Händler umfassend bei der
Staatsanwaltschaft aus. Ein Verfahrensteilnehmer sagt zum Stand der
Ermittlungen: "Das System ist geknackt."
"Panorama": Donnerstag, 8. Juni, 22.00 Uhr, Das Erste
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