Nach langem Ringen konnte die 9. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) am 09.06.2017 in Kraft treten. Damit hat Deutschland nunmehr seine Hausaufgaben gemacht, die es aus europäischer Sicht eigentlich schon bis zum 27.12.2016 hätte erledigen müssen. Mit der GWB-Novelle wurde nämlich die EU-Kartellschadensersatzrechtlinie vom 26.11.2014 endlich in deutsches Recht umgesetzt.
(firmenpresse) - Wesentliche Erleichterungen für Kartellgeschädigte
Aus Sicht der durch Kartellabsprachen Geschädigten kann die Novellierung untern Strich nur begrüßt werden. Sinn und Zweck der Gesetzesänderungen ist schließlich auch, Bürgern und Unternehmen die Durchsetzung von Schadensersatz deutlich zu vereinfachen. So manchem gehen diese Ansätze allerdings noch nicht weit genug. Bei anderen Regelungen wird sich noch erweisen müssen, wie sie sich in der praktischen Umsetzung bewähren. Insgesamt können sich Kartellgeschädigte aber durchaus über die Novellierung freuen.
Schadensersatzansprüche leichter durchsetzbar
Gerade die Höhe des Schadens war regelmäßig so schwierig zu ermitteln, dass viele Geschädigte schon aus diesem Grund von einer Geltendmachung ihrer Ansprüche absahen. Nach neuer Gesetzeslage wird zur Bemessung des Schadens auf eine Norm des Zivilrechts verwiesen, nach der das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung über die Höhe des Schadens entscheiden, mithin eine Schadensschätzung vornehmen kann. Zudem soll es für Geschädigte leichter werden, von Kartellanten Auskünfte und die Herausgabe von Unterlagen zu verlangen, auch um so den konkreten Schaden besser ermitteln zu können.
Ansprüche können länger geltend gemacht werden – Verjährungsfrist verlängert
Von besonderem Interesse sind zudem die neuen Verjährungsvorschriften. Zum einen verjähren Schadensersatzansprüche nunmehr nicht mehr innerhalb von drei, sondern in fünf Jahren. Des Weiteren gibt es nun besondere Regelungen zur Hemmung der Verjährung. Hier wird klargestellt, für welchen Zeitraum die Verjährungsfrist nicht läuft, etwa wenn kartellrechtliche Ermittlungsverfahren laufen. Insbesondere wird aber geregelt, dass die Änderungen teilweise auch rückwirkend zum 27.12.2016 gelten sollen, also zu dem Zeitpunkt, zu dem die Umsetzung der EU-Richtlinie ins deutsche Recht hätte erfolgen sollen. Relevant kann dies werden, wenn zwischen dem 27.12.2016 und dem Inkrafttreten der Gesetzesnovelle am 09.06.2017 tatsächlich in bestimmten Fällen Verjährung eingetreten wäre. Somit spricht vieles dafür, dass diese eigentlich schon eingetretene Verjährung gewissermaßen rückwirkend wieder entfällt.
Geringeres Kostenrisiko
Weiterhin sollen auch die Kosten von sog. Nebeninterventionen in Gerichtsverfahren begrenzt werden. Auch dieser Neuerung hat hohe praktische Relevanz. Soweit nämlich ein Geschädigter gegen einen Kartellanten eine Schadensersatzklage erhob, verkündete dieser häufig den anderen Mitgliedern des Kartells den Streit. Dies bedeutete, dass sich der Kläger in solchen Verfahren plötzlich sehr viel mehr Gegnern gegenüber sah und entsprechend auch sein Kostenrisiko für den Fall eines Unterliegens stieg. Schließlich hätte der Kläger dann statt nur einem Gegner gleich mehreren Gegnern die Kosten zu erstatten. Insofern wurde neu geregelt, dass die Rechtsanwaltskosten der Nebenintervention nur nach dem Gegenstandswert zu erstatten ist, den das Gericht nach freiem Ermessen festsetzt. Bei mehreren Nebeninterventionen darf zudem die Summe der Gegenstandswerte der einzelnen Nebeninterventionen den Streitwert der Hauptsache nicht übersteigen.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass die Neuerungen des Gesetzes aus Sicht der durch Kartelle Geschädigten zu begrüßen ist. Die Praxis wird aber noch zeigen müssen, was die Gerichte daraus machen werden und inwieweit das Gesetz tatsächlich den Geschädigten die gewünschten Vereinfachungen und Erleichterungen bringt.
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