(ots) - Afrika? Vielleicht liegt es an den vielen akuten
Krisen weltweit, vielleicht ist es aber auch chronischer Ignoranz
geschuldet, dass der Schwerpunkt der deutschen G-20-Präsidentschaft
bisher nur wenig öffentliche Beachtung gefunden hat. Dabei betreibt
die Bundesregierung seit einem Jahr eine rege Afrika-Diplomatie.
Gleich drei Bundesministerien - Finanzen, Entwicklung und Wirtschaft
- haben Initiativen für den Kontinent erarbeitet und sie zum Start
der Afrika-Konferenz im Vorfeld des G-20-Gipfels vorgestellt. Chancen
und Potenziale wurden dort von Politikern beschworen, von Wachstum
und Investitionen schwärmten Wirtschaftsvertreter. Es klang, als sei
soeben ein neuer Kontinent entdeckt worden. Glücklicherweise
vervollständigte die Kanzlerin in einer ungewohnt selbstkritischen
Ansprache das Afrika-Bild um die Konstanten Armut, Krieg und Flucht.
Merkel kritisierte zu Recht die paternalistische Entwicklungshilfe
und mahnte ein neues, ehrliches westlich-afrikanisches Verhältnis an.
Aber auch der neuen Afrikapolitik mangelt es an Ehrlichkeit.
Natürlich ist das Interesse am afrikanischen Kontinent begrüßenswert
- und es ist ökonomisch gut begründet. Das Bild von Afrika als
Krisenkontinent ist überholt: In zahlreichen Ländern hat sich die
Wirtschaftslage in den letzten 15 Jahren stark verbessert. Bis 2050
wird sich Afrikas Bevölkerung verdoppeln, auf 2,5 Milliarden
Menschen. Investoren reiben sich die Hände - sie sehen in ihnen 2,5
Milliarden Kunden. Doch der Hauptgrund für das Afrikafieber ist ein
anderer: Es geht um Migrationsverhinderung. Die Afrikaner sollen
nicht zu uns kommen, sie sollen in ihrer Heimat Arbeit finden und
dort bleiben - so die Überlegung des Nordens. An diesem Kalkül ist
nichts verwerflich, es gründet aber auf einem Irrtum. Wachstum
unterbindet nicht die Emigration, es fördert sie. So wanderten nie
zuvor so viele Afrikaner aus wie in den vergangenen Boom-Jahren. Die
ganz Armen haben weder Geld noch Kraft zum Auswandern. Es braucht
mehr als Wachstum, um Menschen an ihre Heimat zu binden. Indem die
G20 auf Privatinvestitionen als Motor der Entwicklung Afrikas setzen,
tragen sie noch nichts zur Beseitigung eines Kernübels bei:
Korruption. Zu einer guten Lebensperspektive gehören Bildung,
Gesundheit und nicht zuletzt auch glaubwürdige staatliche
Institutionen.
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