(ots) -
- Standort Deutschland zukunftsfest machen
- Rekordsteuereinnahmen für Investitionen, Bildung und
Steuerstrukturreformen dritteln
- Bundeskanzlerin Merkel und SPD-Kanzlerkandidat Schulz bei der
Industrie
Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) warnt vor
negativen politischen Folgen der rund laufenden Konjunktur. "Die gute
Wirtschaftslage ist kein Freifahrtschein zum Ausruhen", sagte
BDI-Präsident Dieter Kempf am Dienstag in Berlin. "Unser Erfolg
ergibt sich auch aus einem schwachen Eurokurs, einem moderaten
Ölpreis und einer expansiven Geldpolitik der Europäischen
Zentralbank. Das alles sind Faktoren, auf die wir nur sehr bedingt
Einfluss haben."
Von den Bundesparteien forderte Kempf im Wahlkampf konkrete
Konzepte, um den Standort Deutschland angesichts globaler Risiken
zukunftsfest zu machen. "Die Haushaltsüberschüsse von Bund, Ländern
und Gemeinden geben Spielraum, um mehr in die Zukunft und in Bildung
zu investieren."
Für das laufende Jahr rechnet der BDI mit einem Wachstum der
realen Wirtschaftsleistung von etwa 1,5 Prozent. "Die deutsche
Konjunktur wird endlich wieder einmal vom Motor Außenhandel
getrieben", erklärte Kempf. "Trotz Unsicherheit aus den USA und durch
den Brexit: Fundament und Zukunft für ein wirtschaftlich starkes
Deutschland bleiben die Weltmärkte."
Besorgt äußerte sich der BDI-Präsident über den Kurs von
US-Präsident Donald Trump. "Ob Einreiseverbote, der Rückzug aus
Freihandelsabkommen, die Androhung von Strafzöllen oder die
Aufkündigung des Pariser Klimaabkommens: Diese Politik widerspricht
allem, was die transatlantische Wertepartnerschaft mit den
Vereinigten Staaten bisher ausgezeichnet hat", kritisierte Kempf.
Von Deutschland und Europa forderte der BDI-Präsident weltweit ein
stärkeres Engagement für eine globale Wirtschaftsordnung, die sich
durch klare Regeln und Offenheit auszeichnet. Angesichts wachsender
chinesischer Investitionen in Deutschland sprach sich Kempf für die
Gleichbehandlung ausländischer Unternehmen in China aus: "China muss
Ernst machen mit seiner Marktöffnung. Wir wollen in Deutschland nicht
den Marktzugang für andere erschweren. Denn ausländische
Investitionen kommen uns allen zugute."
In den Brexit-Verhandlungen sieht Kempf besonders die britische
Regierung in der Verantwortung, den Schaden für Wirtschaft und Bürger
auf beiden Seiten des Kanals zu begrenzen. "Premierministerin Theresa
May sollte bedenken: Der harte Brexit-Kurs ist abgewählt worden."
Besonders die britische Wirtschaft werde unter der Trennung leiden.
Für notwendige Reformen in der EU sollten Änderungen der
europäischen Verträge kein Tabu sein, unterstrich der BDI-Präsident:
"Europa braucht mehr Disziplin bei Reformen und in der
Haushaltspolitik sowie stärkere europäische Institutionen. Dazu
zählen ein eigener Haushalt für die Eurozone und ein
Euro-Finanzminister."
Der BDI-Präsident empfahl Deutschland und Frankreich, den
europäischen Binnenmarkt gemeinsam voranzubringen. "Die starke
Unterstützung für Präsident Emmanuel Macron beweist: Man kann mit
pro-europäischen Themen punkten. Dieses Momentum müssen wir
weitertragen, etwa beim Ausbau des digitalen Binnenmarkts oder eines
voll integrierten Energiebinnenmarkts." Allein die effektive
Vernetzung der Stromversorgung Europas würde jährlich mehr als zwölf
Milliarden Euro an Effizienzgewinnen mit sich bringen.
An die Adresse der Bundesparteien gerichtet, sieht der BDI als
zentrale Handlungsfelder Steuern, Energie und Digitalisierung. In der
Steuerpolitik müsse sich Deutschland dem verschärften internationalen
Steuerwettbewerb stellen. Eine steuerliche Förderung von Forschung
und Entwicklung ist notwendig, wie sie in 28 der 35 OECD-Staaten
bereits existiert. Statt Steuersenkungen nach dem Gießkannenprinzip
forderte der BDI-Präsident Steuerstrukturreformen und eine Drittelung
der Rekordsteuereinnahmen. "Unser Vorschlag lautet: ein Drittel der
Überschüsse für Investitionen, ein Drittel für Bildung, ein Drittel
für Steuerstrukturreformen", erklärte Kempf.
Notwendig sei eine intensive Diskussion über die zukünftige
Finanzierung der Energiewende: "Ein Weitermachen wie bisher beim EEG
bringt es nicht. Die Kosten müssen runter." Für die Unternehmen der
Industrie, von denen 96 Prozent der Unternehmen die EEG-Umlage
zahlen, habe die Kostenbelastung höchste Priorität. Eine Absage
erteilte der BDI-Präsident Ideen für eine Absenkung der Stromsteuer.
Sie "würde verpuffen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu
stärken".
Beim flächendeckenden Ausbau einer leistungsfähigeren
Breitbandinfrastruktur findet der BDI-Präsident die Lage
besorgniserregend: "Rund zwei Drittel aller Industriearbeitsplätze
befinden sich auf dem Land. Dort verfügt nicht einmal jedes dritte
Unternehmen über die für sie notwendigen 50 Megabit pro Sekunde."
Allein eine um ein Prozent schnellere durchschnittliche
Verbindungsgeschwindigkeit würde das Bruttoinlandsprodukt um knapp
zwei Milliarden Euro pro Jahr erhöhen.
Zum Tag der Deutschen Industrie wurden rund 1500 Gäste aus
Wirtschaft und Politik im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt
begrüßt. Gastredner waren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der
SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz. Weitere Redner
waren die Bundesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP,
Cem Özdemir und Christian Lindner, sowie Alexander Dobrindt (CSU),
Bundesministerin für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Partner des Tags der Deutschen Industrie ist Deloitte.
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