(ots) - Während des Testlaufs der Berliner Polizei mit
Distanzelektroimpulsgeräten (DEIG) gab es bislang vier Vorfälle mit
den sogenannten Tasern. Das bestätigte ein Sprecher der Berliner
Polizei der "Heilbronner Stimme" (Dienstagausgabe). In einem Fall
ging es um eine Auseinandersetzung mit einem Bewaffneten in einer
U-Bahn. In einem weiteren Fall ging es um einen Diebstahl und
Widerstandshandlungen. In beiden Fällen hätte alleine die Androhung
des Taser-Einsatzes die Situation entschärft.
Bei den anderen beiden Vorfällen ging es um Suizidversuche, in
denen Polizisten als Nothilfe über den Einsatz von Tasern nachgedacht
hätten.
In der Stellungnahme der Polizei heißt es: "Am 13. März 2017
erfolgte der Einsatz des DEIG im Bereich des Polizeiabschnittes 53
durch das Androhen in entschlossener Schießhaltung nach einer
Bedrohung von Fahrgästen der U-Bahnlinie U 8 mit einer Schere sowie
sexueller Nötigung. Das offensive Zeigen bewirkte die sofortige
Festnahme des Täters ohne weitere Zwangsmittelanwendung. Ein weiterer
Fall ereignete sich ebenfalls im Bereich des Polizeiabschnittes 53 am
6. Juni 2017. Bei der Festnahme einer männlichen Person nach einem
Fahrraddiebstahl und einem Zeugenhinweis, dass der Täter ein Beil und
einen Zimmermannshammer mitführte, kam es zu erheblichen
Widerstandshandlungen. Dabei wurde von einem Mitarbeiter das DEIG in
die Sicherungshaltung genommen, woraufhin der Täter den Widerstand
aufgab. In zwei Fällen des angekündigten Suizides wurde der Einsatz
durch die Beamten im Rahmen des rechtfertigenden Notstandes in
Erwägung gezogen. Beide Einsatzanlässe konnten ohne den Einsatz des
DEIG gelöst werden."
Der Berliner Taser-Test im Polizeistreifendienst in den Bezirken
Mitte und Kreuzberg - mit jeweils zehn Beamten - hat am 6. Februar
2017 begonnen und soll drei Jahre dauern. Taser-Pilotprojekte gibt es
auch bei der Polizei in Hessen und Rheinland. Verwendung finden Taser
schon bei den Sondereinsatzkommandos, Vorreiter war im Jahre 2001 das
Land Berlin.
Der Einsatz im Streifendienst ist umstritten. Die Gewerkschaft der
Polizei GdP Berlin verlangt eine klare gesetzliche Regelung zum
Einsatz der Taser. Bislang seien die Taser mit Schusswaffen
gleichgesetzt. Benjamin Jendro, Sprecher des GdP-Landesbezirks
Berlin, sagte der "Heilbronner Stimme": "Wir brauchen eine Einordnung
unter der Schusswaffe und über Mitteln wie Pfefferspray oder
Schlagstock. Dienstkräfte müssen binnen Sekunden über die richtige
Wahl des Einsatzmittels entscheiden, ohne klare gesetzliche Regelung
ist der Taser keine Hilfe, sondern eine zusätzliche Belastung am
Gürtel."
In einem Positionspapier der GdP Berlin, das der Zeitung vorliegt,
heißt es: "Das Distanz-Elektroimpulsgerät DEIG schließt in der Reihe
der Einsatzmittel die Lücke vor der Schusswaffe, wenn es gesetzlich
auf Höhe der Hilfsmittel der körperlichen Gewalt geregelt wird."
Vorteile sind laut GdP-Papier: Im Gegensatz zu Schlagstock und
Pfefferspray wirke das DEIG auch bei Personen mit hoher
Schmerztoleranzgrenze (z. B. infolge von Alkohol- und Drogenkonsum),
das Einsatzmittel verursache keine Folgewirkungen wie Schlagstock und
Pfefferspray, es gebe ein verringertes Risiko einer posttraumatischen
Belastungsstörung bei den Einsatzkräften und eine hohe
Treffsicherheit durch die Laserzielvorrichtung.
Als Nachteile führt die GdP auf: das Risiko der Nichtwirksamkeit
bei dicker Kleidung (Winter). Außerdem: "Bei gesetzlicher Einstufung
des DEIG als Schusswaffe entfällt der Einsatzwert, da in
Schusswaffen-Einsatzszenarien (z. B. Notwehr und Nothilfe) weiterhin
die Schusswaffe verwendet werden muss - das DEIG ersetzt nicht die
Schusswaffe!" Sollte eine Dienstkraft den DEIG dennoch statt der
Schusswaffe in einer Notwehr- oder Nothilfesituation einsetzen, berge
dies erhebliche Risiken. In dem Papier heißt es: "Bei der Schusswaffe
kann bei Nichttreffer wiederholt geschossen werden; beim DEIG gibt es
allenfalls einen zweiten Schuss (je nach Modell)."
Der Taser-Testlauf war im August 2016 von dem damaligen
Innensenator Frank Henkel (CDU) auf den Weg gebracht worden. Grüne
und Linke hatten das Vorhaben, damals noch als Oppositionsparteien,
kritisiert. Nach der Wahl im September einigte sich die rot-rot-grüne
Koalition, den einst ungeliebten Testlauf wie von Henkel geplant
dennoch durchzuführen. Der Start erfolgte unter Innensenator Andreas
Geisel (SPD) im Februar dieses Jahres.
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