(ots) - Die vatikanische Glaubenskongregation ist die
Nachfolgebehörde der Inquisition. Die Verfolgung sogenannter
Häresien, also von Irrlehren, zählte bislang zur Kernkompetenz dieser
lange Zeit bedeutendsten Behörde des Papstes und seines Apparats in
Rom. Bis zum Wochenende war der ehemalige Regensburger Bischof
Gerhard Ludwig Müller mit der Leitung der Glaubenskongregation
betraut. Heute beginnt in Rom eine neue Zeitrechnung. Papst
Franziskus hat das ausgelaufene Fünf-Jahres-Mandat des deutschen
Kardinals nicht verlängert, wegen unüberbrückbarer persönlicher und
theologischer Differenzen lag die Entscheidung bereits seit Langem in
der Luft. Als Präfekt der Glaubenskongregation war Müller trotz
eindeutiger Differenzen stets bemüht, seine Treue im Hinblick auf das
Amt des Papstes kenntlich zu machen und dessen Wirken in der
Tradition der Kirche hervorzuheben. Mit der Amtsführung von Jorge
Bergoglio hatte Müller hingegen unübersehbare Probleme. Das Ende von
Müllers Amtszeit bedeutet auch das Ende einer Ära von
Glaubenswächtern, die im Namen des Papstes endgültig darüber
entscheiden, was katholisch ist und was nicht. Joseph Ratzinger, der
spätere Papst Benedikt XVI., prägte über 24 Jahre hinweg als Präfekt
der Glaubenskongregation unter Johannes Paul II. den autoritären Stil
der Behörde. Müller, ein Vertrauter Benedikts, versuchte unter großen
Mühen dieses Schwarz-Weiß-Denken auch in das dogmatisch
vielschichtige Franziskus-Zeitalter zu retten. Der Papst aus
Argentinien versucht im strengen moralischen Gerüst der katholischen
Kirche hingegen Schattierungen erkennbar zu machen. Darauf deutet
auch der Personalwechsel in der Glaubenskongregation hin. Mit der
Nominierung des spanischen Jesuiten Luis Francisco Ladaria Ferrer
ändert Franziskus den Kurs der bislang einflussreichsten
Vatikanbehörde. Erzbischof Ladaria wurde zwar wie Müller noch von
Benedikt XVI. in die Glaubenskongregation berufen und gilt als
konservativer Geistlicher. Im Vatikan hat sich der Spanier aus
Mallorca aber einen Ruf als zurückhaltender Vermittler hinter den
Kulissen gemacht. Das konnte man von Ratzinger und Müller nicht
behaupten. Katholische Doktrin wird künftig nicht mehr als
moralisches Fallbeil daher kommen, sondern als eine Größe unter
vielen.
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