(ots) - "Den Wettbewerb um die beste Versorgung gewinnt man
nicht mit Trippelschritten, sondern mit umfassenden und
tiefgreifenden Reformen. Deshalb müssen wir den Trend unbedingt
umkehren und den Krankenkassen wieder mehr Gestaltungsspielraum
zukommen lassen", sagt Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des
AOK-Bundesverbandes, bei der Vorstellung der gesundheitspolitischen
Positionen der AOK zur Bundestagswahl 2017. "Wozu wir diesen Raum
nutzen wollen, zeigen wir mit unserem Positionspapier, das den
passenden Titel 'weiter.gehen' trägt."
Eines der wichtigsten Handlungsfelder bleibt laut AOK die
Qualitätsoffensive im Krankenhaus. Litsch verweist auf die rund 10
Milliarden Euro, die die Kliniken bis 2020 zusätzlich erhalten.
"Dieses Geld stammt von den Beitragszahlern und muss in besserer
Versorgung der Patienten ankommen." Um die Patienten vor schlechter
Behandlungsqualität im Krankenhaus zu schützen, gebe es nur eine
Antwort. Und die lautet, dass die Krankenkassen diese Leistungen gar
nicht mehr finanzieren", so Litsch. "Um bessere Qualität umsetzen zu
können, brauchen wir mehr Vertragsmöglichkeiten außerhalb der
kollektiven Regelversorgung."
Mehr Spielraum bräuchten die Gesetzlichen Krankenkassen auch bei
der Arzneimittelversorgung. Litsch: "Weil Leistungserbringer um ihre
Margen fürchteten, wurden die kassenindividuellen Verträge für
Krebsmedikamente und Impfstoffe aufgehoben und damit die Chance auf
eine qualitativ hochwertige sowie wirtschaftliche
Arzneimittelversorgung vertan. Diese Einschränkungen sollten
rückgängig gemacht werden." Erst mit regionalen Verträgen könne der
Versorgungsbedarf bestmöglich ausgefüllt werden.
Für die nächste Wahlperiode müsse es ein deutliches Bekenntnis der
Politik zum Wettbewerb um die beste Versorgung geben, fordert auch
Jens Martin Hoyer, Stellvertretender Vorstandsvorsitzende des
AOK-Bundesverbandes. Voraussetzung dafür sei die systematische
Weiterentwicklung des morbiditätsorientierten
Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA), mit der sich die Politik
ebenfalls auseinandersetzen müsse.
"Eine wissenschaftlich basierte Weiterentwicklung des
Finanzausgleichs zwischen den Kassen ist der beste Weg, denn viele
der zur Zeit vorliegenden Änderungswünsche sind zwar kassenarten- und
kassenindividuell nachvollziehbar, ordnungspolitisch aber Unfug", so
Hoyer. Sie hätten nur das Ziel, Geld aus dem Gesundheitsfonds so zu
verteilen, dass die eigene Krankenkasse beziehungsweise Kassenart
mehr und die Wettbewerber weniger Zuweisungen erhielten. "Wer
Volkserkrankungen wie Diabetes aus dem Ausgleich verbannt, fördert
ein längst vergangenes Geschäftsmodell, das junge und gesunde
Versicherte bevorzugt. Besser und zielführender ist es, alle
Krankheiten im Finanzausgleich zu berücksichtigen."
In der Diskussion um die Weiterentwicklung des Morbi-RSA heiße es
häufig, dass der Finanzausgleich zu einem verzerrten Wettbewerb
führen würde und verantwortlich für unterschiedliche Deckungsbeiträge
sowie Überschüsse sei. "Doch die Überschüsse der AOK sind nicht auf
den Morbi-RSA zurückzuführen, sondern in erster Linie auf einen
effizienten Mitteleinsatz", sagt Jens Martin Hoyer. Ãœber die gesamte
Wertschöpfungskette hinweg habe die AOK Anstrengungen unternommen und
sich Wettbewerbsvorteile erarbeitet. Die Leistungsausgaben der AOK
hätten sich seit 2010 kontinuierlich unter dem GKV-Durchschnitt
entwickelt. Allein 2016 entspreche das 1,1 Milliarden Euro weniger
Ausgaben als bei der Konkurrenz.
Für die nächste Legislatur gesetzt sei auch das Thema
Digitalisierung, so der Vorstandsvorsitzende Litsch. Allein mit dem
jüngsten E-Health-Gesetz werde die zugesagte umfassende Vernetzung
von Ärzten, Apothekern und Krankenhäusern 2018 nicht gelingen.
Wichtige Anwendungen wie die Patientenakte blieben weiter auf der
Strecke, weil die Entscheidungsstrukturen der Telematik nicht
funktionierten und falsche Richtungsentscheidungen getroffen würden.
"Der Gesetzgeber setzt nicht auf Patientensouveränität. Medizinische
Daten der Behandlungsdokumentation dürfen nur in Arztpraxen, Kliniken
und Apotheken eingesehen werden. Nach unserer Ansicht sollten
Versicherte aber einen direkten und einfachen Zugriff auf die
geplante Patientenakte bekommen, sodass sie ihre Daten am Ort ihrer
Wahl lesen und kommentieren können." Das geplante Patientenfach sei
hierfür keine geeignete Lösung. Patienten vor den eigenen Daten
"schützen" zu wollen, zeuge von einem seltsamen Verständnis von
Datenschutz. Litsch verweist auf das digitale Gesundheitsnetzwerk,
das die AOK entwickele und im ersten Schritt eine digitale
Patientenakte vorsehe.
Bei den jetzt schon möglichen digitalen telemedizinischen
Anwendungen drückt die AOK aufs Tempo: "Mit ihrem Einsatz können wir
der bestehenden Ãœber- und Unterversorgung im Gesundheitswesen
entgegenwirken. Das derzeit geltende Fernbehandlungsverbot ohne
ärztlichen Erstkontakt hemmt aber den Ausbau telemedizinischer
Leistungen und lässt viel von diesem Potential ungenutzt. Wir
plädieren daher für eine Lockerung des Fernbehandlungsverbots", so
Litsch.
Über die Positionen der AOK zur Bundestagswahl 2017 können Sie
sich auf www.gesunde-wahl.de informieren.
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