(ots) - Der "Schwarze Block" ist gewiss kein harmloser
Knabenchor. Diese Polit-Hooligans suchen und provozieren häufig
gewalttätige Auseinandersetzungen. Doch dass in den vergangenen Tagen
Teile der G20-Proteste in Hamburg eskaliert sind, daran trägt auch
die Polizeiführung der Hansestadt eine nicht geringe Mitschuld. Die
Polizei verfügt in einem Rechtsstaat über das Gewaltmonopol. Daran
kann nicht gerüttelt werden. Die Ordnungskräfte haben dafür zu
sorgen, dass aus Protestversammlungen heraus keine Straftaten verübt
werden. Gleichzeitig müssen sie aber Augenmaß bewahren, das
Demonstrationsrecht respektieren und schützen sowie bei Spannungen
versuchen, deeskalierend aufzutreten. In Hamburg ist offenbar genau
das Gegenteil geschehen. Glaubt man am Donnerstagabend unmittelbar
vor Ort anwesenden Reportern des "Spiegel", des Norddeutschen
Rundfunks oder des Deutschlandfunks, dann war der Einsatz der
Polizei "rabiat" und "völlig unangemessen". Demnach wurde eine bis
dahin friedliche Demonstration mit Wasserwerfern, Pfefferspray und
Schlagstöcken aufgelöst, weil kleine Teile des "Schwarzen Blocks" der
Aufforderung nicht (schnell genug) nachgekommen waren, ihre
Vermummung abzulegen. Bilder, die der "Spiegel" live von der
Veranstaltung streamte, bestätigen die Version. Man muss nicht so
weit gehen wie Jan van Aken. Der Bundestagsabgeordnete der Linken
erklärte gestern, die Polizeiführung habe mit dem Einsatz bewusst
Bilder provozieren wollen, die nachträglich ihren harten und
rechtlich zweifelhaften Kurs gegen Gipfel-Kritiker schon im Vorfeld
der Demonstration rechtfertigen sollten. Aber eines ist
offensichtlich: Statt zu versuchen, die Lage zu beruhigen, hat die
Einsatzleitung mit ihrer Strategie die Stimmung weiter angeheizt. Das
war unverantwortlich - auch den eigenen Beamten gegenüber. Ihr
Vorgehen erinnert an alte, polizeiliche Konzepte, die eigentlich
längst überwunden schienen. Hamburg steht jetzt vor einem
Scherbenhaufen: Materiell, weil durchgeknallte, kriminelle Idioten
den überharten Polizeieinsatz als Vorwand benutzten, anschließend
Schaufenster einzuschlagen oder Fahrzeuge in Brand zu setzen.
Politisch, weil nun in Teilen der Öffentlichkeit ein völlig
einseitiges und verzerrtes Bild von den Protesten gegen den
G20-Gipfel dominiert. Fakt aber bleibt: Neben Hunderten gewaltaffinen
Demonstranten - es waren keineswegs die vorher in großen Lettern
angekündigten 8000 militanten Chaoten - gibt es mehr als
hunderttausend Menschen, die ihren Protest gegen die ungerechten und
mörderischen Zustände dieser Welt friedlich, bunt und kreativ zum
Ausdruck brachten oder noch bringen wollen. In einer zunehmend auf
Boulevard-Effekte setzenden Medienwelt verschwindet deren berechtigte
Kritik jedoch sehr schnell völlig hinter Krawallbildern. Das ist das
eigentlich Tragische auch der vergangenen Stunden.
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