(ots) - Wenige Tage nach der Selbstinszenierung
Deutschlands auf dem G 20-Gipfel als Anwalt des freien Handels und
offener Märkte winkt die Bundesregierung eine Verordnung durch, mit
der sie ihr Vetorecht bei Firmenübernahmen durch Investoren außerhalb
der EU beträchtlich ausweitet. Damit soll ein angeblich drohender
Ausverkauf von wichtigem Know-how und der für die öffentliche Ordnung
kritischen Infrastruktur ins Ausland verhindert werden. Einige
Aufsehen erregende ausländische Direktinvestitionen wie die Übernahme
des Roboterbauers Kuka durch die chinesische Midea haben den
Ministerialen beim Verfassen der Verordnung die Hand geführt.
Diese Verordnung mag Beifall an den Wirtshaustischen finden, für
den Wirtschaftsstandort Deutschland ist sie nicht nur überflüssig,
sondern schädlich und öffnet staatlicher Willkür Tür und Tor.
Überflüssig, weil das Außenwirtschaftsgesetz schon heute
Eingriffsmöglichkeiten bietet, wenn durch eine Übernahme aus dem
Nicht-EU-Ausland die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung der
Bundesrepublik gefährdet würde. Schädlich, weil Deutschland mehr als
andere Industrieländer auf den Zufluss ausländischen Risikokapitals
angewiesen ist. Schon seit Jahren liegt die Mehrheit des Kapitals
beispielsweise der Dax-30-Firmen in ausländischer Hand. Ein Problem?
Im vergangenen Jahr haben nach Zahlen des Instituts der deutschen
Wirtschaft chinesische Investoren in Deutschland für mehr als 10 Mrd.
Euro etwa 40 Firmen erworben. Der Marktwert der Dax-30-Firmen beträgt
1160 Mrd. Euro, jener der 50 MDax-Unternehmen 350 Mrd. Euro.
Ausverkauf an China? Die Verordnung birgt zudem die Gefahr
staatlicher Willkür, weil in modernen Volkswirtschaften alles mit
allem vernetzt ist und bei Bedarf auch noch der kleinsten
Software-Bude irgendeine Systemrelevanz zugemessen werden kann. Wer
zieht wo und wie die Grenze bei Firmenverkäufen? Da werden sich
Unternehmensgründer, die auf Kapital angewiesen sind, lieber gleich
im Ausland ansiedeln.
Statt um den Investitionsstandort Deutschland Schutzmauern zu
bauen und eine Verschärfung der europäischen Übernahmeregeln
anzustreben, sollte die Bundesregierung darauf dringen, dass deutsche
Investoren im Ausland vergleichbare Möglichkeiten erhalten. Nicht
gegenseitige Abschottung, sondern gegenseitige Öffnung sollte die
Agenda der Bundesregierung sein. Zum Beispiel beim nächsten Treffen
mit dem plötzlich so für freien Handel eintretenden chinesischen
Ministerpräsidenten Li Keqiang.
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