(ots) - Mit jedem Tag entfernt sich die Türkei weiter
von europäischen Normen, und Europa schaut zu. Wenn irgendjemand in
Istanbul oder Ankara darauf gehofft haben sollte, dass EU oder
Europarat einschreiten werden, wenn die Justiz der Regierung
unterstellt, die Presse gegängelt und die Opposition eingesperrt
wird, dann hat er sich getäuscht. Das Wertegerüst Europa ist eine
Schönwetterveranstaltung, die bei der Türkei ebenso versagt wie in
Polen oder in Ungarn. Das Europastreben vieler Türken wurde lange
Zeit von der Ãœberzeugung getragen, dass nur eine internationale
Instanz demokratische Normen in ihrem Land durchsetzen könnte. Doch
die EU setzt nichts durch, nicht einmal bei ihren eigenen
Mitgliedern, geschweige denn bei einem unbeliebten
Mitgliedskandidaten wie der Türkei. Die Fortschrittsberichte der
EU-Kommission über die Türkei sind voller Vorwürfe an Ankara, bleiben
aber folgenlos. Nun kann man einwenden, Europa sei nicht
verantwortlich für die Verhältnisse in der Türkei. Doch erstens
sollte die EU dann die Konsequenzen ziehen und den Beitrittsprozess
mit der Türkei beenden. Zweitens lässt diese Haltung außer Acht, dass
eine undemokratische Türkei für die EU noch schwieriger zu händeln
wäre. Die Flüchtlingsfrage, das schwierige Verhältnis zu
Griechenland, der Zypern-Konflikt: vieles würde noch komplizierter.
Darum wird die EU weiterhin dabei bleiben, die Erdogan-Regierung ab
und zu zu ermahnen, sich aber ansonsten passiv zu verhalten. Mit
europäischen Werten hat das wenig zu tun.
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