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Nichtregierungsorganisationen warnen: Die griechische Regierung hat keinen Fahrplan zurÃœbernahme der Versorgung asylsuchender Menschen

ID: 1511978

(ots) - Die Versorgung asylsuchender Menschen auf den
griechischen Inseln und von unbegleiteten Kindern in ganz
Griechenland soll Ende des Monats in die Hände der griechischen
Regierung übergehen. Ein Zusammenschluss humanitärer Organisationen
begrüßt das, warnt aber, dass die griechische Regierung noch immer
keinen Fahrplan für die Übergangsphase vorgelegt hat. Unter den
Organisationen, die bisher wesentlich die Geflüchteten-Versorgung
übernommen haben, wachsen deshalb die Bedenken, dass sich die
Lebensbedingungen und der Zugang zu Grundleistungen für die Menschen
verschlimmern könnten.

"Obwohl die Verantwortungsübergabe unmittelbar bevorsteht, gibt es
noch immer kaum Angaben darüber, wie sie vonstatten gehen soll",
warnt Meike Riebau, Rechtsreferentin von Save the Children
Deutschland. "Gleichzeitig reduziert die Europäische Kommission
bereits ihre Unterstützung für humanitäre Hilfe von
Nicht-Regierungsorganisationen. Dadurch kann es zu erheblichen
Versorgungsschwierigkeiten der Geflüchteten kommen. Es ist aber
europarechtlich vorgegeben, dass Personen im Asylverfahren Zugang zu
medizinischer Notfallversorgung haben müssen und Unterkünfte
bereitgestellt werden müssen."

"Das Wohl der Geflohenen muss an oberster Stelle stehen", so
Karl-Otto Zentel, CARE-Generalsekretär von CARE
Deutschland-Luxemburg. "Wir brauchen eine verantwortungsbewusste
Ãœbergabe der Versorgung asylsuchender Menschen. Die Einhaltung des
abgestimmten Zeitplans darf nicht dazu führen, dass
überlebenswichtige Hilfe wie etwa medizinische Versorgung oder die
Verteilung von Lebensmittelgutscheinen schlechter wird oder gar
ausfällt."

Ralph Achenbach, Geschäftsführer und Landesdirektor von IRC
(International Rescue Committee) Deutschland ergänzt: "Diese Übergabe
kann ein positiver Schritt sein, wenn er transparent und in enger




Zusammenarbeit mit den Organisationen vollzogen wird, die bisher die
entsprechende Arbeit geleistet haben. Doch bis heute ist kein
nationaler Implementierungsplan veröffentlicht worden, noch haben die
Organisationen Informationen darüber erhalten, was die einzelnen
Schritte sein werden. Ohne einen klar definierten Plan werden Männer,
Frauen und Kinder großen Risiken ausgesetzt."

Auf den griechischen Inseln befinden sich seit der
EU-Türkei-Erklärung im März 2016 über 14.000 Menschen. Die NRO haben
dort fast den größten Teil dieser Menschen versorgt, gefördert von
der Europäischen Kommission. In zwei Wochen, am 31. Juli, läuft diese
Finanzierung aus. Auch innerhalb der Kommission findet eine Änderung
statt: Bisher war die Abteilung zuständig, die die humanitäre Hilfe
koordiniert (DG ECHO), ab jetzt ist die Abteilung für Inneres (DG
Home) verantwortlich - auch dieser Wechsel bringt Unklarheiten mit
sich.

Die Bedenken der NROs gründen auf Erfahrungen mit bereits
stattgefundenen Ãœbergabeprozessen. So endete am 30. Mai 2017 der
Vertrag mit der Organisation, die im Ankunfts- und
Registrierungszentrum von Moria die medizinische Grundversorgung und
die Gefährdungsbeurteilung im Rahmen des Asylprozesses durchführte.
Die zehn Ärzte der Organisation, die sich in der Einrichtung um mehr
als 2000 Menschen kümmerten und gleichzeitig die griechischen
Asylbehörden unterstützten, wurden durch nur drei Ärzte mit denselben
Befugnissen ersetzt. Nach unseren Informationen aus erster Hand
herrschen seitdem sowohl auf Chios als auch auf Lesbos ein Rückstau
bei der Beurteilung der Schutzbedürftigkeit und besonderen
Bedürfnisse und ein fataler Mangel an medizinischer Grundversorgung.

Außerdem gibt es einen fortdauernden Mangel an sicheren
Unterkünften und alternativen Versorgungseinrichtungen für
unbegleitete Kinder. Für die derzeit 2250 unbegleiteten Kinder, die
über ganz Griechenland verteilt dringend ein sicheres Obdach
brauchen, gibt es nur 1270 Wohnplätze. Schon jetzt stehen 1000
unbegleitete Minderjährige auf langen Wartelisten für die begehrten
Unterkünfte. In der Zwischenzeit leben sie in leer stehenden Häusern,
auf der Straße oder werden in "Polizeischutzgewahrsam" genommen, was
einer Inhaftierung gleicht. Die Ãœbergabe der Verantwortlichkeiten an
die griechische Regierung wird dazu führen, dass mindestens fünf der
jetzt noch bestehenden Unterkünfte schließen werden.

Es besteht die Gefahr, dass eine wachsende Anzahl an Kindern in
Haft genommen werden wird, um überhaupt unterzukommen. Alternative
angemessene Unterbringungsmöglichkeiten, die kostengünstiger sind und
sich am Kindeswohl orientieren, haben bislang wenig koordinierte
Unterstützung oder Anerkennung seitens der Regierung erhalten. Zudem
ist unklar, ob unter der Leitung der griechischen Regierung bislang
bestehende kleine alternative Unterbringungsmöglichkeiten weiterhin
gefördert werden.

Die NRO appellieren, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen,
um eine vorhersehbare humanitäre Notlage zu verhindern.

Wir fordern:

- von der griechischen Regierung, UN-Organisationen, Geber,
Nichtregierungsorganisationen und die Zivilgesellschaft anzuhören und
die NRO über ihren nationalen Umsetzungsplan für die Übergabe und die
Zeit danach zu informieren. Dieser Plan sollte konkrete Schritte für
eine enge Zusammenarbeit und eine reibungslose Ãœbergabe von den alten
an die neuen Dienstleister beinhalten. Nur so können Unterbrechungen
und Verschlechterungen in der Versorgung und den Lebensbedingungen
auf den griechischen Inseln und für unbegleitete Kinder in ganz
Griechenland gewährleistet werden.

- von der griechischen Regierung, effektivere und tragfähigere
alternative Fürsorgemöglichkeiten für unbegleitete Kinder zu
entwickeln und in sie zu investieren, vor allem was halb-private
Lebens- und Pflegeeinrichtungen angeht.

- von der Europäischen Kommission, die notwendige technische und
organisatorische Unterstützung zur Verfügung zu stellen, um zu
gewährleisten, dass die Mittel abrufbar und zugänglich sind und
effizient genug eingesetzt werden, um Versorgungslücken zu
verhindern. Dazu sollte auch gehören, dass sich relevante
Organisationen mit den zuständigen Fachbehörden je nach Notwendigkeit
zusammensetzen, um eine möglichst reibungslose Übergabe von einem
Dienstleister zum anderen zu gewährleisten.

- von der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland,
die griechische Regierung anzuhalten, auf den griechischen Inseln die
Fortdauer von Gesundheits-, psychologisch-sozialer und psychischer
Hilfe, Bildung, legalen Beratungsmöglichkeiten und
Fürsorge-Einrichtungen und Schutz von unbegleiteten Kindern in ganz
Griechenland zu gewährleisten.



Pressekontakt:
Save the Children Deutschland e.V.
Pressestelle - Diane Nakschbandi
Tel.: +49 (30) 27 59 59 79 - 120
Mail: presse(at)savethechildren.de

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Datum: 18.07.2017 - 12:54 Uhr
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