(ots) - Deutsche AIDS-Hilfe: Der Toten gedenken, die
Lebenden schützen / Keinerlei Verständnis mehr für unterlassene
Hilfsangebote / Kurswechsel in der Drogenpolitik ist überfällig
1.333 Drogen konsumierende Menschen sind im Jahr 2016 in
Deutschland gestorben - zum großen Teil, weil Hilfsangebote fehlten.
Am heutigen Internationalen Gedenktag für verstorbene
Drogengebraucher erinnert die Deutsche AIDS-Hilfe an diese Menschen -
und daran, dass sie mit einer anderen Drogenpolitik noch leben
könnten.
Dazu erklärt Björn Beck vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe:
"Seit 2012 ist die Zahl der Todesfälle um mehr als 40 Prozent
gestiegen und die Politik schaut zu. Längst gibt es wissenschaftlich
abgesicherte Maßnahmen, die Todesfälle verhindern und
Gesundheitsschäden reduzieren. Dass sie in Deutschland ungenutzt
bleiben, ist nicht hinnehmbar. Menschen sterben, Menschen verlieren
ihre Angehörigen - und niemand schreitet ein. Wir sind zutiefst
erschüttert und haben dafür keinerlei Verständnis."
Gesundheit schützen statt Menschen verfolgen
Im Mittelpunkt des diesjährigen Gedenktages steht das Thema
Menschenwürde. Das Menschenrecht auf den bestmöglichen erreichbaren
Gesundheitszustand gebietet eine Drogenpolitik, die gesundheitliche
Schäden reduziert und Drogen konsumierende Menschen gesundheitlich
und sozial stabilisiert.
Folgende Maßnahmen kommen nicht oder zu wenig zum Einsatz:
- Drogenkonsumräumen retten Leben, verhindern HIV- und
Hepatitisinfektionen und bieten Hilfe an. Trotzdem gibt es sie
nur in sechs Bundesländern.
- Das Medikament Naloxon rettet im Fall einer Ãœberdosis Heroin
Menschenleben. Doch weder auf Bundesebene noch in den Ländern
wird das billige Präparat Konsumierenden zur Verfügung gestellt.
(In den USA sind derweil viele Polizisten regulär damit
ausgestattet.)
- Drugchecking, die Vor-Ort-Überprüfung von Drogen auf
Wirkstoffgehalt und Reinheitsgrad, hat sich in vielen
Nachbarländern bewährt - in Deutschland bleibt es verboten.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung hat ihre Möglichkeiten
der Strategiebildung im Bereich der Schadensminderung (Harm
Reduction) in dieser Legislaturperiode ungenutzt gelassen. Viele
Landesregierungen bleiben ebenfalls untätig. Es herrscht Stillstand.
Neue Drogenpolitik wäre gut für alle
Dabei bräuchte Deutschland über die genannten Maßnahmen hinaus
einen Kurswechsel in der Drogenpolitik. Die Strafverfolgung von
Drogenkonsument_innen ist kontraproduktiv: Sie führt unter anderem
dazu, dass Menschen schneller abstürzen und für Hilfsangebote
schwerer erreichbar sind.
"Der Kurswechsel ist überfällig. Drogenpolitik muss auf
Unterstützung der Menschen statt auf Verfolgung setzen. Das ist gut
für die Konsumenten und die Gesellschaft", betont Björn Beck.
Die DRUCK-Studie - initiiert vom Bundesgesundheitsministerium,
durchgeführt vom Robert-Koch-Institut - hat wertvolle Erkenntnisse
geliefert und erheblichen Handlungsbedarf bezüglich der
Infektionsprophylaxe offenbart. Daraus sind bereits wegweisende
Projekte erwachsen, etwa Testangebote in Großstädten, auch in
Kooperation mit staatlichen Stellen.
"Nachhaltig erfolgreich können wir aber nur sein, wenn sich
Drogenpolitik grundlegend ändert und der Schutz der Gesundheit von
Konsumenten ernstgenommen wird", sagt DAH-Vorstand Björn Beck.
Immer mehr Tote auch international
Der Anstieg von drogenbedingten Todesfällen ist nicht nur in
Deutschland zu verzeichnen: In Europa stieg die Zahl 2016 um 6
Prozent auf 8.400 Fälle - zum dritten Mal infolge. Weltweit sind
2016 190.000 Menschen an den Folgen des Drogenkonsums sowie an
Verfolgung und Marginalisierung gestorben.
In mehr als 100 Städten auf mehreren Kontinenten gedenken heute
Menschen ihrer verstorbenen Angehörigen, Freund_innen und
Mitstreiter_innen.
Mehr Informationen:
Pressemitteilung vom 5.6.2017:
http://ots.de/uMOxD
"Eine neue Drogenpolitik ist überfällig" - Pressemitteilung zum
Alternativen Drogen- und Suchtbericht 2016:
http://ots.de/rf9OW
Übersichtsseite der Deutschen AIDS-Hilfe mit aktuellen Beiträgen zum
Thema Drogenpolitik und zum Leben mit Drogen:
https://magazin.hiv/2017/07/20/leben-mit-drogen-in-wuerde/
Gedenkveranstaltungen in Deutschland:
http://ots.de/XH2ag
Pressekontakt:
Deutsche AIDS-Hilfe
Holger Wicht
Pressesprecher
Tel. (030) 69 00 87 - 16
Mobil: 0171 2749511
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www.aidshilfe.de
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