(ots) - Dem Stuttgarter Verwaltungsrichter Wolfgang Kern
dürfte spätestens seit gestern die Sympathie sämtlicher
Umweltschützer und smoggeplagter Großstädter in ganz Deutschland
sicher sein. Richtigerweise stellt er gesundheitliche Interessen über
wirtschaftliche, so jedenfalls lässt sich das Urteil lesen. Damit ist
Kern standhaft geblieben, wo ausgerechnet Deutschlands einziger
grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann vor rund drei Monaten
leider eine Kehrtwende gemacht hat. Denn eigentlich hatte die
schwarz-grüne Landesregierung im Februar dieses Jahres schon
beschlossen, dass es ab 2018 zeitweise Fahrverbote geben sollte. Im
April ruderte sie dann zurück und setzte auf Nachrüsten älterer
Diesel-Modelle. Ein Plan, von dessen Erfolg Richter Kern offenbar
nicht überzeugt werden konnte. Fest steht seit langem: Die
Feinstaubwerte in Deutschlands sechstgrößter Stadt gefährden
regelmäßig Gesundheit und Umwelt. Wobei beides durchaus miteinander
zusammenhängt. Eine übermäßig belastete Umwelt hat immer negative
Folgen für die menschliche Gesundheit. Gerade darum ist es so
wichtig, dass die Fahrverbote bei Feinstaubalarm eben noch nicht vom
Tisch sind. Anfang dieses Jahres sorgten Fotos für Schrecken, die die
baden-württembergische Landeshauptstadt unter einem dichten grauen
Schleier zeigten. Ähnliche Bilder kennt man sonst aus Peking; wohl
deshalb titelte die "Welt" neben einer Aufnahme aus Stuttgart: "Mehr
Smog als in Peking". In der chinesischen Metropole erteilen die
Verantwortlichen übrigens immer wieder tageweise Fahrverbote. Ob
Ministerpräsident Kretschmann unter dem Druck der Autoindustrie
eingeknickt ist, der durch die Riesen Daimler und Porsche in
Stuttgart und Baden-Württemberg besonders groß ist, soll einmal
dahingestellt sein. Sicherlich muss ein Ministerpräsident anders
abwägen als ein Richter. Er muss dazu beitragen, dass
wirtschaftlicher Schaden sich nicht negativ auf sein Land auswirkt
und im schlimmsten Fall Tausende Arbeitsplätze kostet. Er muss aber
auch für Gesundheitsschutz sorgen, wo es der mündige Bürger selbst
nicht kann. Ob es tatsächlich zu einem Fahrverbot für ältere
Dieselmodelle kommt, ist weiter offen. Trotzdem signalisiert das
Urteil der Bundesregierung, dass nun sie am Zug ist. Sie muss dafür
sorgen, dass sich die Autobauer ihrer Verantwortung stellen. Diese
müssen Mittel und Wege finden, ihre Dieselfahrzeuge so nachzurüsten,
dass es an einer nachhaltigen Verbesserung keinen Zweifel geben kann.
Angesichts der vielen Skandale, die die Branche derzeit erschüttern,
ist die Herausforderung besonders groß.
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