(ots) - Das Parlament in Rom hat vergangene Woche einen
Militäreinsatz vor der Küste Libyens beschlossen. Die italienische
Marine soll die libysche Küstenwache bei der Rückführung von
Flüchtlingsbooten ans Festland unterstützen. Seit einigen Tagen
werden auch die privaten Hilfsorganisationen, die im Mittelmeer im
Einsatz sind, mit einem Verhaltenskodex an die Kandare genommen.
Damit soll nicht nur illegale Zusammenarbeit mit den Schleppern
unterbunden werden. Italiens Mitte-Links-Regierung will zeigen, dass
sie die Vorwürfe, bei den Schiffen der NGOs handelte es sich in
Wirklichkeit um Wassertaxis für Flüchtlinge, die den Schleppern die
Arbeit erleichtern, ernst nimmt. Auslöser für die härtere Gangart
Italiens ist nicht etwa die Zunahme der Ãœberfahrten. Bis Anfang
August 2017 kamen etwa 95.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer nach
Italien. Das sind etwas weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres.
Der italienische Aktionismus hat andere Gründe, die die europäischen
Nachbarn nicht unterschätzen sollten. Da ist zum Einen der wachsende
Unmut in der Bevölkerung. Dieser richtet sich gegen den nicht
abreißenden Zustrom von Immigranten, die nach Italien kommen. Die
Europäische Union mit ihren gut 500 Millionen Einwohnern wäre mit
knapp 200.000 pro Jahr aus Libyen kommenden Flüchtlingen gewiss nicht
überfordert. Immer mehr Italiener aber empfinden die staatlich
finanzierte Unterbringung von Immigranten als ungerecht, angesichts
eigener prekärer Lebensumstände. In diese Wunde streuen Populisten
zusätzliches Salz. Es ist dieser Mix, der letztendlich für die
gesamte EU zum Problem werden kann. Denn sollten bei den
italienischen Parlamentswahlen, die voraussichtlich im Frühjahr
stattfinden, Populisten wie die 5-Sterne-Bewegung oder die dezidiert
fremdenfeindliche Lega Nord als Sieger hervorgehen, müssen sich
Brüssel und Berlin den damit aufkommenden Problemen stellen. Diese
gingen über die Flüchtlingsthematik hinaus. Lega Nord und
5-Sterne-Bewegung liebäugeln auch mit dem Abschied vom Euro. Es ist
politisch kurzsichtig, Italien in der Flüchtlingsfrage alleine zu
lassen. Die Maßnahmen, die Rom in Folge seiner Isolation getroffen
hat, sind Zeugnisse der Hilflosigkeit. Das Grundproblem, wie Europa
der unkontrollierten Zuwanderung aus Afrika Herr werden kann, harrt
weiter einer Lösung. Die EU bleibt passiv, ohne an glaubwürdigen
Lösungen zu arbeiten. Diese sind bekannt, politisch aber unpopulär
und nur schwer zu verwirklichen. Statt kompletter Abschottung müssten
legale Aufnahmeverfahren gefördert, Asylanträge schnell bearbeitet
und Rückführungen effizient gemacht werden. Solange keiner dieser
Mechanismen in Gang kommt, driftet Italien weiter ab. Europa sieht
dem politischen Kollaps tatenlos zu.
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