PresseKat - Lebhafte Nachbarn / Wenn man in der Nähe von Gaststätten, Bars und Imbissbuden wohnt (FOTO)

Lebhafte Nachbarn / Wenn man in der Nähe von Gaststätten, Bars und Imbissbuden wohnt (FOTO)

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(ots) -
Mit Kneipen, Bars und Restaurants ist es so eine Sache: Viele
Menschen besuchen sie in ihrer Freizeit gerne, um sich mit Freunden
zu treffen, zu feiern oder selbst nicht kochen zu müssen. Hat man sie
allerdings in seiner unmittelbaren Nachbarschaft, vielleicht sogar im
selben Haus, dann fühlt man sich schnell von Gerüchen und Geräuschen
gestört.

Der Infodienst Recht und Steuern der LBS bietet in seiner
Extra-Ausgabe neun Urteile deutscher Gerichte, die sich mit dieser
Problematik befassen. Da geht es unter anderem um eine bisher
saisonal betriebene Wirtschaft, die plötzlich ganzjährig betrieben
werden soll - und um die Frage, wie viele Betten ein neu eröffnetes
Hotel haben darf, um noch als "klein" und damit den Nachbarn zumutbar
zu gelten.

Ein Gastronom war noch nicht im Besitz der nötigen behördlichen
Genehmigungen, eröffnete aber trotzdem schon mal sein Restaurant. Das
stieß - wie zu erwarten - auf Proteste. Als er deswegen zur Rede
gestellt wurde, entgegnete er, es handle sich lediglich um einen
"Probebetrieb", der ja wohl trotz fehlender Dokumente erlaubt sein
müsse. Das Verwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Aktenzeichen VG 4 L
1113.16) sah das ganz anders. Dem Gaststättengesetz sei der Begriff
"Probebetrieb" fremd. Wer seinen Kunden Speisen und Getränke
verabreiche, der habe schlicht seinen Betrieb aufgenommen.

Mieter bewohnten ein Haus, in dem sich gleich drei Restaurants
befanden (arabisch, indisch, türkisch) und in dessen unmittelbarer
Umgebung Gaststätten mit insgesamt 1.500 Sitzplätzen vorhanden waren.
An die Nutzung des zur Straße gelegenen Balkons war zu den Stoßzeiten
kaum zu denken. In einem Prozess musste geklärt werden, ob das zu
einer Mietminderung berechtigt. Das Amtsgericht Berlin-Lichtenberg
(Aktenzeichen 6 C 239/03) vertrat diese Meinung und hielt 20 Prozent




Minderung für angemessen. Die Belästigung durch Geräusche,
Essensgerüche und die Abzugsanlage sei erheblich, zumal sich die
Straße "erst in den letzten Jahren von einer ruhigen Wohnstraße zu
einer sogenannten Szenegegend entwickelt" habe.

Wer allerdings in ein Viertel zieht, das schon zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses für seine reichhaltige (und lautstarke) Gastronomie
bekannt ist, der kann anschließend dem Eigentümer die
Geräuschbelästigung nicht zum Vorwurf machen. Er wusste ja Bescheid.
In solchen Fällen spricht man von "Ortsüblichkeit", wie das
Amtsgericht Köpenick (Aktenzeichen 12 C 44/06) feststellte. Konkret
hatte sich das Zivilverfahren um den Lärm gedreht, der von einem
Restaurantschiff und von einer Veranstaltungshalle ausging. Wörtlich
hieß es im Urteil: "Die Rücksichtslosigkeit im Umgang in einer Stadt
wie Berlin miteinander mag man beklagen, sie ist aber in der
Innenstadt Berlins eine ortsübliche Belästigung (...)."

Soll in einem Gebiet, das durch reine Wohnnutzung geprägt ist, ein
Beherbergungsbetrieb eröffnet werden, dann ist dessen Verträglichkeit
mit der ruhigen Quartiersnachbarschaft gründlich zu prüfen. Als
zumutbar gilt in der Regel nur ein "kleines" Hotel. Der
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Aktenzeichen 3 S 2420/14)
kam in einem Prozess zu dem Ergebnis, dass die Bettenzahl deutlich
unter den geplanten 17 Betten liegen müsse, um die Erfordernisse für
eine Genehmigung zu erfüllen. Hier war es beabsichtig gewesen,
Übernachtungsmöglichkeiten für Monteure zu schaffen.

Nachbarn sollten allerdings auch nicht überempfindlich sein. Wenn
die Errichtung eines gastronomischen Betriebes kaum schädliche
Auswirkungen hat, dann müssen sie es hinnehmen. So war in einer
Innenstadtlage die Umwandlung eines ehemaligen Bunkers in ein Café
und ein privates Bildungsinstitut mit Tiefgarage geplant. Eine
Lärmstudie ergab, dass für die Umgebung keine unzumutbare Belastung
zu erwarten sei. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Aktenzeichen 5
L 697/11) sah deswegen keinen Grund, warum die Genehmigung verweigert
werden sollte. Café und Institut fügten sich in die Umgebung ein.

Unter einer "Straußwirtschaft" versteht man einen gastronomischen
Betrieb, der nicht ganzjährig, sondern nur saisonal betrieben wird.
Ein Winzer hatte eine Genehmigung für ein solches Lokal, in dem er
vier Monate im Jahr selbst erzeugten Wein ausschenken durfte. Im
Laufe der Zeit plante er aber mehr und beabsichtigte den Ausbau
seiner Vinothek mit "Straußwirtschaft" zu einem vollwertigen
Restaurant. Das Verwaltungsgericht Neustadt (Aktenzeichen 4 K
943/12.NW) wies das zurück. Der Winzer habe trotz bereits bestehender
Gastronomie keinen Anspruch darauf, dass ihm die Nutzungsänderung
genehmigt werde, wenn dem von Seiten der Behörden baurechtliche
Probleme entgegenstehen.

Wenn in der Teilungserklärung einer Wohnungseigentumsgemeinschaft
ein Geschäftsraum im Erdgeschoss als "Laden" ausgewiesen ist, dann
erlaubt das nicht jede Art von Nutzung. Die Eigentümer befanden
mehrheitlich, ein Pizza- und Dönerverkauf erfülle diese Kriterien
nicht, da erhebliche Geruchs- und Geräuschbelästigungen zu erwarten
seien. Das Amtsgericht München (Aktenzeichen 483 C 2983/14 WEG)
schloss sich dieser Meinung an. Unter dem Begriff "Laden" sei ein
Geschäftsraum zu verstehen, in dem Waren angeliefert und verkauft,
aber nicht Speisen zubereitet würden.

Was aber ist mit einer Imbissbude, die sich zwar nicht innerhalb
des Hauses, aber in acht Metern Entfernung dazu befindet? Dann muss
geprüft werden, welche Auswirkungen dieser Schnellimbiss auf die
Anwohner hat. In einem Fall aus Niedersachsen ergab eine Studie, dass
in etwa 10 bis 16 Prozent der Jahresstunden bei geöffneten Fenstern
die Abluft der Imbissbude wahrzunehmen sei. Das
Oberverwaltungsgericht Lüneburg (Aktenzeichen 1 LB 259/04) hielt das
für eine zu starke Störung. Die Eigentümer hatten damit argumentiert,
dass die Wohnungen künftig schwieriger zu vermieten seien, ein Mieter
habe deswegen sogar schon gekündigt.

Die Errichtung eines Biergartens kann mit der Wohnruhe eines
Viertels unvereinbar sein - zumindest dann, wenn es sich um einen
ungewöhnlich großen Gastronomiebetrieb handelt. In Düsseldorf plante
ein Unternehmer mit bis zu 200 Plätzen für diesen Biergarten.
Insbesondere in den Abendstunden, nach Feierabend, wäre mit
Lärmbelästigungen für die Nachbarn zu rechnen gewesen. Das schien dem
Verwaltungsgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 9 K 2466/07) nach der
Beweisaufnahme und eines Ortstermins ein zu massiver Eingriff in die
Rechte der Anwohner. Es handle sich um "unzumutbare Immissionen" in
einer "ganz überwiegend wohntypisch" genutzten Umgebung.



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Dr. Ivonn Kappel
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Datum: 14.08.2017 - 08:30 Uhr
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