(ots) - Neue Konzentration auf Wirtschaftspolitik notwendig
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, hat
sich am heutigen Freitag in einem Beitrag in der "Rheinischen Post"
zur künftigen Wirtschaftspolitik geäußert. Der Beitrag hat folgenden
Wortlaut:
"Die große Mehrheit der Deutschen ist mit ihrer wirtschaftlichen
Lage so zufrieden wie lange nicht. Kein Wunder: 2017 wird nach allen
Prognosen unsere Wirtschaft das achte Jahr in Folge wachsen. Die
Arbeitslosigkeit ist historisch niedrig. Die Kaufkraft wächst.
Die Aussichten sind weiter gut. Aber es ist kein Naturgesetz, dass
das immer so bleibt. Der Dieselskandal zeigt, wie schnell eine
Branche in Schwierigkeiten kommen kann. Auch Aufschwungs-Faktoren wie
der günstige Ölpreis und der niedrige Euro-Wechselkurs könnten sich
irgendwann abschwächen. Ob der Welthandel weiter frei bleibt, ist
fraglich, weil man nie weiß, was Präsident Trump als nächstes macht.
All das tritt jedoch hinter einer Entwicklung zurück: Die
Digitalisierung verändert momentan die Wirtschafts- und Arbeitswelt
auf der ganzen Welt. Auch in Deutschland müssen sich die Firmen in
den nächsten Jahren neu bewähren - zu allererst die Autoindustrie -
Stichwort: autonomes Fahren.
Es ist gibt also genug Gründe, in diesem Wahlkampf über die
Wirtschaft zu reden, auch wenn in den vergangenen Wochen andere
Themen im Vordergrund standen. Lassen sie uns streiten, wie wir das
Wirtschaftswachstum erhalten, von dem nicht zuletzt Vollbeschäftigung
und Stabilität der sozialen Sicherungssysteme abhängen.
Klar ist: In der neuen Wahlperiode brauchen wir eine neue
Konzentration auf die Wirtschaftspolitik. Der
Bundeswirtschaftsminister muss wieder Anwalt der vernünftigen Belange
der Wirtschaft werden - insbesondere der kleinen und
mittelständischen Unternehmen. Sigmar Gabriel war als
Bundeswirtschaftsminister vor allem mit der Durchsetzung des
SPD-Programms in der Koalition beschäftigt. Das Motto der
SPD-Wirtschaftspolitik lief im Zweifel immer darauf hinaus: Erst die
Partei, dann das Land. Man sah das in der Debatte um das
EU-Freihandelsabkommen mit den USA. Das war in den Verhandlungen um
die Begrenzung der Kosten für die erneuerbaren Energien zu spüren.
Diese Einstellung muss sich ändern. Es geht aber auch um Inhalte!
Zunächst: Wir dürfen den Unternehmen in dieser Zeit des Wandels
nicht die Kraft zum Investieren nehmen. Zu Recht werden mehr
öffentliche Investitionen gefordert. Die Union will demensprechend
bis 2025 Deutschland zu einem Glasfaserland machen, um das schnelle
Internet in allen Regionen zu realisieren. Genauso wichtig sind aber
die Investitionen in den Betrieben. Wir wollen die Arbeitnehmer durch
Korrekturen bei der Einkommensteuer und durch den Abbau des
Solidaritätszuschlags entlasten. Das ist bekannt. Aber auch die
kleinen und mittleren Unternehmen dürfen wir nicht mehr belasten,
sondern wollen sie durch den Abbau des Solidaritätszuschlags auch
Schritt für Schritt entlasten. In den Zeiten eines grundlegenden
Wandels müssen gerade die Personengesellschaften genügend Mittel
haben, um den Betrieb fit halten zu können. Die Steuererhöhungspläne
der SPD würden genau das Gegenteil bewirken. Und die SPD denkt ja
auch noch über die Wiedereinführung der Vermögensteuer und
Korrekturen bei der Erbschaftsteuer nach.
Außerdem sollen nach unseren Vorstellungen künftig Ausgaben für
Forschung und Entwicklung besser von der Steuer abgesetzt werden
können. Die Ausgestaltung der Förderung wird schwierig, da es
möglichst keine Mitnahmeeffekte geben soll. Denkbar ist, junge
Unternehmen über Steuergutschriften zu begünstigen, was bedeuten
würde, dass sie selbst in Verlustjahren eine gewisse steuerliche
Erstattung ihrer Forschungs-Aufwendungen bekämen. Die Firmen sollen
zudem zwischen direkter und indirekter Forschungsförderung wählen
dürfen.
Weiter wissen wir nur zu gut um die Lasten durch Bürokratie. In
der großen Koalition wurden zwar erste Schritte gegen immer mehr
Bürokratie unternommen. Das reicht aber nicht. Wir müssen die Zahl
der Gesetze um zehn Prozent reduzieren. Der Gesetzgeber - auch der in
Brüssel und Straßburg - muss sich mehr fragen: Ist eine Regelung
wirklich notwendig?
Die größten Sorgen machen den Unternehmern, wie ich immer wieder
höre, die fehlenden Fachkräfte. Jeder Betrieb wird angesichts der
Digitalisierung künftig noch mehr als heute auf gut ausgebildete
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angewiesen sein. Gerade hier muss
der künftige Wirtschaftsminister Akzente setzen.
Die Fachkräfte müssen nach wie vor in erster Linie aus unserem
Land kommen. Das wird dann gelingen, wenn für eine möglichst optimale
Bildung für jeden einzelnen gesorgt wird. Die Schulen müssen besser
werden. Die praxis- und unternehmensnahe Fortbildung für die
Arbeitnehmer gilt es auszubauen. Hier müssen die Firmen mitziehen.
Dabei zählt nicht nur der akademische Abschluss. Wir wollen auch die
jungen Meister unterstützen, in dem die Gebühren für deren Prüfung
gestrichen werden.
Die Wirtschaft wird zudem im Ausland aktiv werden müssen. Wir
können froh sein, dass viele Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten
bereits zu uns gekommen sind, die manche Lücke geschlossen haben. Wir
brauchen weiter Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten. Bei einem Grundsatz
soll es dabei bleiben: Es können nur solche Fachkräfte angeworben
werden, für die es in Deutschland auch ein Stellenangebot gibt. Wir
werden die Regelungen in einem Fachkräftezuwanderungsgesetz jedoch
künftig übersichtlicher machen.
Lassen Sie uns also über die Wirtschaft reden - bis zum 24.
September und erst recht danach. Eine soziale Marktwirtschaft ist
dann erfolgreich, wenn ihr Motor läuft - und das sind die Betriebe.
Das schafft die Basis, dass es den Menschen und dem Land insgesamt
weiter gut geht."
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