(ots) - Globale Vernetzung der Finanzmärkte
weiterhin stark, aber mit neuer Ausrichtung - Auslandsinvestitionen
auf Vorkrisenniveau trotz Rückgang der grenzüberschreitenden
Kapitalströme um 65% seit 2007 - Banken vor allem im ausländischen
Kreditgeschäft auf dem Rückzug - Auslandsforderungen deutscher Banken
haben sich mehr als halbiert
Weltweit haben Banken immer weniger Interesse an Kreditgeschäften
im Ausland und konzentrieren sich stattdessen auf ihre Heimmärkte.
Die globalen grenzüberschreitenden Kapitalflüsse sind seit dem
Höchststand 2007 um 65% zurückgegangen, von damals 12,4 Bio. auf 4,3
Bio. US-Dollar im Jahr 2016. In Deutschland sind die
Auslandsforderungen im gleichen Zeitraum um 52% gesunken. Bei den
größten deutschen Banken haben sich ausländische Vermögenswerte von
1,9 Bio. auf 0,8 Bio. Dollar mehr als halbiert. Anders sieht es bei
den globalen Auslandsinvestitionen aus: Sie sind im Verhältnis zur
Wirtschaftsleistung (BIP) heute auf dem Niveau von 2007. Weltweit
werden aktuell 27% aller Aktien von ausländischen Investoren
gehalten, 2000 waren es nur 17%. Auf den Anleihemärkten liegt der
Anteil internationaler Investoren sogar bei 31% (2000: 18%). Dies
sind die zentralen Ergebnisse einer neuen Studie des McKinsey Global
Institute (MGI) mit dem Titel "The new dynamics of financial
globalization". Das MGI hat dafür die in- und ausländischen
Kapitalströme in 100 Ländern untersucht.
Europäische und globale Banken auf dem Rückzug
Die Banken der Eurozone waren 2007 weltweit die am stärksten
globalisierten Finanzinstitute. Seither sind ihre Auslandsforderungen
um 45% zurückgegangen. Insgesamt stießen Banken zwischen 2007 und
2016 weltweit mindestens 2 Bio. US-Dollar an Vermögenswerten ab,
davon über die Hälfte durch europäische Institute. Die Gründe für
diesen Rückzug sind dem MGI zufolge vielfältig: neu bewertete
Länderrisiken; die Einsicht, dass der Heimmarkt mit hohen
Marktanteilen lukrativ ist; nationale Richtlinien, die die Vergabe
von Krediten im Inland befördern; Kapital- und Liquiditätsvorgaben,
die das komplexe Auslandgeschäft weniger attraktiv machen. "Die
Banken ziehen sich aus Ländern und Märkten zurück, auf denen ihnen
die Größe oder das Alleinstellungsmerkmal fehlt. Mehr als die Hälfte
der Korrektur entfällt auf Interbankkredite und Schuldverschreibungen
vor allem in der Eurozone. Diese waren vor der Krise exzessiv
gewachsen. Es wurde sozusagen der Reset-Knopf gedrückt", sagt Eckart
Windhagen, Seniorpartner bei McKinsey in Frankfurt und Co-Autor der
Studie. "Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen."
Deutschland in der Finanzverknüpfung auf Platz 5
Auch wenn die Finanzinstitute ihr Auslandsgeschäft stark
zurückgefahren haben, bleiben die globalen Finanzmärkte eng verwoben,
und es nehmen heute mehr Länder an den globalen Finanzströmen teil
als jemals zuvor. Aus seiner Analyse der gesamten ausländischen
Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von 100 Ländern hat das MGI ein
Financial Connectedness Ranking entwickelt. Es zeigt: Entwickelte
Volkswirtschaften und internationale Finanzzentren sind weiterhin am
stärksten ins globale Finanzsystem integriert. Deutschland belegt in
diesem Ranking hinter den USA, Luxemburg, dem Vereinigten Königreich
und den Niederlanden Rang 5 und steht für 6% der ausländischen
Investitionen weltweit. Knapp die Hälfte davon entfällt auf die
Eurozone, 16% auf Großbritannien und 11% auf die USA. Global gesehen
war Deutschland 2016 mit 8 Mrd. US-Dollar Investitionen im Ausland
und Investitionen aus dem Ausland in Höhe von 6,6 Mrd. Dollar ein
Nettozahler. Aufstrebende Volkswirtschaften holen jedoch auf: Sie
halten mittlerweile 15% aller ausländischer Anlagewerte (2007: 8%).
China stieg von Rang 15 2005 auf jetzt Rang 8. Die Auslandskredite,
Direktinvestitionen und Aktien- und Bondportfolios Chinas
zusammengenommen überstiegen 2016 zum ersten Mal die ausländischen
Devisenreserven der chinesischen Zentralbank.
Mehr Stabilität im weltweiten Finanzsystem - Risiken bleiben
"Die Globalisierung der Finanzmärkte verspricht für die Zukunft
mehr Stabilität, wesentliche Indikatoren haben sich verbessert", so
Windhagen. So ist der Anteil der wenig volatilen Direktinvestitionen
und Eigenkapitalströme an den grenzüberschreitenden Finanzflüssen von
36% auf 69% gestiegen. Zudem sind die globalen Ungleichgewichte in
den Leistungs-, Kapital- und Vermögensbilanzen von 2,5% des globalen
BIP im Jahr 2007 auf 1,7% 2016 zurückgegangen. Die Studie zeigt auch:
Heute tragen mehr Länder zur Allokation von Kapital bei als 2007.
Damals hatten die USA noch 67% des globalen Kapitals absorbiert,
heute hat sich dieser Anteil halbiert. Aufstrebende Volkswirtschaften
sind dagegen zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder zu Nettoempfänger
der globalen Kapitalströme geworden.
"Die Risiken sind heute vorwiegend im ausländischen Kreditgeschäft
zu orten. Dessen Volatilität kann große Auswirkungen auf
Volkswirtschaften und Wechselkurse haben", beschreibt Windhagen die
aktuelle Entwicklung. Weitere Risiken lägen in den stark erhitzten
Aktienmärkten sowie im Aufstieg von neuen Finanzzentren, denen es zum
Teil an Transparenz mangele. "Neue digitale Plattformen, die
Blockchain-Technologie und das Machine Learning können in Zukunft für
grenzüberschreitende Kapitalströme neue Kanäle und Möglichkeiten
eröffnen, bergen aber auch unbekannte und schwer einschätzbare
Risiken."
Die vollständige Studie ist zum Download verfügbar unter:
https://www.mckinsey.de/financial-globalization
Hintergrund
Das McKinsey Global Institute (MGI) erstellt als
Forschungseinrichtung von McKinsey & Company regelmäßig Studien zu
ökonomischen Fragen und Trends. Gegründet wurde der Think Tank 1990
in Washington D.C.
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