(ots) - Thomas Ebeling war bis vor kurzem so etwas wie
ein TV-Star für Investoren. Mit seiner Strategie, verstärkt auf das
Internet und die Digitalisierung zu setzen, um die Abhängigkeit vom
klassischen Fernsehgeschäft zu reduzieren, konnte der CEO der
Mediengruppe ProSiebenSat.1 die Anleger lange überzeugen. Seit Beginn
seiner Amtszeit - genau auf dem Tiefpunkt der Aktie im März 2009 -
erhöhte sich der Wert des Papiers um bis zu 5500 Prozent (sic!).
Für den mittlerweile in die deutsche Börsenoberliga aufgestiegenen
Konzern ist diese Schönwetterphase abrupt beendet. Das Dax-Mitglied
wartet mit einer Ad-hoc-Meldung auf, die so gar nicht nach dem
Geschmack der Investoren ist. Ebeling und sein Führungsteam haben
sich offensichtlich in der Einschätzung der Fernsehwerbeeinnahmen
verkalkuliert - ein Gruselprogramm aus dem Hause ProSiebenSat.1.
Der Kurseinbruch von bis zu 15 Prozent ist ein Beleg dafür, dass
der Vorstandsvorsitzende an der Börse viel Vertrauen verspielt hat.
Die aktuelle Warnung hat den Kapitalmarkt unvorbereitet getroffen. In
wenigen Minuten lösten sich 1,3 Mrd. Euro Marktkapitalisierung in
Luft auf. Hat sich da etwa eine Blase gebildet, die nun platzt, weil
der Aktienkurs sich von der fundamentalen Entwicklung deutlich gelöst
hat? ProSiebenSat.1 wäre nicht die erste Firma, der dies widerfährt.
Allerdings zeichnete sich der abermals gesenkte Ausblick für die
Werbeeinnahmen schon ab. Zuvor mehrten sich kritische Stimmen - auch
von Seiten der Analysten -, dass infolge eines rückläufigen
europäischen TV-Werbemarkts selbst Ebelings Ende Juli zur Vorlage der
Halbjahreszahlen reduzierte Prognose für die deutsche Branche nicht
mehr der Realität entspreche. Fast sechs Wochen später erwischte der
Vorstandschef mit der dritten Prognosesenkung in Folge die Investoren
auf dem falschen Fuß. In der Kommunikation mit den Investoren hat es
die Konzernführung wohl am notwendigen Fingerspitzengefühl fehlen
lassen.
Unterdessen gleichen Ebelings Umbaupläne für den Konzern dem
Eingeständnis, dass der strukturelle Wandel doch nicht so schnell
vonstattengeht wie ursprünglich erhofft. Die TV-Werbeeinnahmen machen
immerhin die Hälfte des Konzernumsatzes aus. Die Neuordnung der über
Zukäufe erworbenen Digitalaktivitäten ist längst überfällig. Vor dem
Hintergrund wachsender Probleme rückt die Forderung von
ProSiebenSat.1, an den öffentlich-rechtlichen Rundfunkgebühren
beteiligt zu werden, in ein neues Licht.
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