(ots) - Verdi-Chef Frank Bsirske hat die Abschaffung des
kirchlichen Arbeitsrechts gefordert, des so genannten "dritten
Weges", der unter anderem Streiks in kirchlichen Einrichtungen und
Unternehmen ausschließt. "Als Sonderrecht der Kirche im kollektiven
Arbeitsrecht gehört das abgeschafft. Dass der Arbeitgeber allein
beansprucht, die Regeln aufzustellen, an die sich dann alle halten
müssen, halte ich für grundgesetzwidrig und für einen Eingriff in die
Grundrechte der kirchlichen Arbeitnehmer", sagte Bsirske der
Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ, Donnerstagausgabe).
Das Kirchenarbeitsrecht sei überholt: "Der Gesetzgeber hat das
fast eins zu eins aus der Weimarer Reichsverfassung übernommen - wie
sollte das zeitgemäß sein?", so der Verdi-Bundesvorsitzende. Er
nannte den dritten Weg einen "Akt der Usurpation, weil er mehr als
einer Million Beschäftigten das Grundrecht auf Streik nimmt."
Die Caritas mit rund 615.000 und die Diakonie mit rund 460.000
Beschäftigten sind die größten Arbeitgeber in Deutschland. Die
Gewerkschaft Verdi versucht seit längerem, auch für die kirchlichen
Beschäftigten Tarifverträge abzuschließen. Vor allem für die vielen
Beschäftigten in der Pflege will Verdi bessere Arbeitsbedingungen und
höhere Löhne durchsetzen. Doch gerade in den Altenheimen seien
Organisationsgrad und Tarifbindung "verschwindend gering", sagte
Bsirske. "Gerade private Anbieter betreiben massives Lohndumping,
selbst bei der Diakonie brechen viele Häuser weg", sagte er und
forderte, die Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären,
damit sie trotzdem für alle gelten.
Der Verdi-Chef mahnte mehr Ausbildungsplätze zu besseren
Konditionen an, sonst laufe das Land in einen Pflegenotstand, weil
die vielen neuen Stellen nicht besetzt werden könnten. Dass die
Kosten für die Pflege dadurch steigen würden, lasse sich nicht
verhindern. Damit wegen des hohen Eigenanteils nicht mehr so viele
Pflegebedürftige auf Sozialhilfe angewiesen seien, schlug Bsirske
zudem vor, über einen Ausbau der Pflegeversicherung von einer Teil-
zur Vollkaskoversicherung nachzudenken. "Wir haben das schon mal
durchrechnen lassen, es würde gar nicht so dramatisch teurer - um
etwa zwei Beitragspunkte, paritätisch zu finanzieren von Arbeitgebern
und Arbeitnehmern", sagte Bsirske.
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