(ots) - Gregor Gysi hat Recht mit seiner Feststellung:
Norbert Lammert war nie parteiisch und nie der verlängerte Arm
irgendeiner Koalition. Und das allein ist schon bemerkenswert.
Norbert Lammert war immer er selbst. Ein leidenschaftlicher
Bundestagspräsident, der auf die Rechte des Parlaments pochte und die
Abgeordneten ermutigte, sie wahrzunehmen. Und der selbst sein Amt -
zumindest zumeist - mit höchstem Vergnügen ausübte. Da er darüber
hinaus nicht nur hoch intelligent, sondern auch noch ein
Ausnahmetalent als Redner ist, der mit Ironie und Humor seine Zuhörer
fesseln kann, wird er fehlen. Nein, fehlt er jetzt schon.
Dass Abgeordnete Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und
Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind,
daran hat Lammert die Parlamentarier noch einmal erinnert. Er selbst
lebt diese Unabhängigkeit. Er lebt sie so, dass es sein kann, dass
dies der Grund war, dass ihn die Union nicht für das Amt des
Bundespräsidenten vorschlug. Doch Norbert Lammert hat bei mancher
Gelegenheit dem Parlament gezeigt, wie gut er vermutlich auch diese
Rolle ausgefüllt hätte - und mitunter hat er auf diese Art auch
andere Redner um so schwächer erscheinen lassen. Was dann so manchem
weniger gefiel als dem Publikum.
Ob er eine Verkleinerung des Bundestags forderte oder weniger
Grundgesetzänderungen - die Präzision seiner Analysen, verträglich
gemacht durch feinen Humor, überzeugten immer wieder. Auch in seiner
Abschiedsrede. Er hat Bürger ermuntert zu wählen, und Gewählte
ermahnt, ihr Amt ernst zu nehmen und die Kontrolle der Regierung mit
mehr Eifer wahrzunehmen.
Lammert fand auch diesmal, ein letztes Mal als
Parlamentspräsident, den richtigen Ton. Er geht ohne Sentimentalität,
und seine Politikerkollegen wissen, dass sie sich noch auf die eine
oder andere Wortmeldung von ihm einstellen sollten. Das Parlament hat
ihn mit stehenden Ovationen verabschiedet. Es gibt nur weniger
Politiker, die diese so verdienten wie Norbert Lammert.
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