(ots) - Wer es positiv wenden will, könnte sagen: Die
Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag ein weiteres
Mini-Trippelschrittchen in Richtung Einstieg in den Ausstieg aus der
ultralockeren Geldpolitik gewagt - dabei aber versucht, die jüngste
Euro-Stärke nicht weiter zu befeuern. Wer es dagegen skeptischer
betrachtet, könnte argumentieren: Die EZB tritt in Sachen Exit auf
der Stelle und droht gar damit, selbigen erneut zu vertagen - auch
aus Angst vor einer zu starken Gemeinschaftswährung.
Welche Sicht der Dinge die richtige ist, wird sich vermutlich erst
Ende Oktober zeigen, wenn der EZB-Rat nicht mehr nur reden, sondern
entscheiden will. Es bleibt zu hoffen, dass sich erstere Deutung als
richtig erweist. Denn der Wirtschafts- und Inflationsausblick in
Euroland rechtfertigt längst keine Geldpolitik mehr, die noch
expansiver ist als auf dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise.
EZB-Präsident Mario Draghi & Co. wünscht man da mehr Mut - und
weniger Angst.
Natürlich ist es dumm gelaufen, dass ausgerechnet jetzt der Euro
zur Stärke neigt. Es gibt aber keinen Grund, die bisherige Aufwertung
zu dramatisieren - dafür aber die Hoffnung, dass es zumindest in dem
rasanten Tempo nicht weitergeht. Dass Draghi und die EZB genau dazu
ihren Beitrag leisten wollen, ist verständlich. Das Risiko bei
(verbalen) Interventionen à la Draghi ist aber, dass diese verpuffen
- was dann auch Zweifel an der eigenen Glaubwürdigkeit
heraufbeschwört.
Beim Euro-Dollar-Kurs ist die EZB aktuell auch den USA
ausgeliefert - der Politik in Washington, aber auch der Geldpolitik
der Fed. Die US-Notenbank hat sich zuletzt vorsichtiger zum weiteren
Straffungskurs geäußert. Die beiden weltweit wichtigsten Notenbanken
sollten sich jetzt aber nicht hineinsteigern in einen Wettbewerb nach
dem Motto "Wer kann länger (geldpolitisch) lockerer?". Dieser hätte
am Ende ganz sicher nur Verlierer. Die EZB sollte vielmehr ihrerseits
das politische "Momentum" in Euroland nutzen und den Ball in Sachen
Wohl und Wehe der Gemeinschaftswährung wieder ins Feld der Politik
zurückzuspielen.
Die EZB muss sich zudem hüten, nicht übermäßig den Finanzmärkten
nach dem Mund zu reden. Natürlich sind die Entwicklungen an den
Märkten wichtig für die Geldpolitik und die EZB tut gut daran, ihre
Intentionen bestmöglich zu kommunizieren - wobei sie aktuell genau
diese nötige Klarheit und Transparenz vermissen lässt, was gerade das
Risiko künftiger unkontrollierter Marktreaktionen erhöht. Zu viel
Nähe ist aber auch schädlich und die EZB darf keine Zweifel aufkommen
lassen, dass sie die Märkte führt - und nicht umgekehrt.
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