(ots) - Autonomes Fahren bewirkt Disruption des
automobilen Profit Pools
- Neue Mobilität ist ein lokales und regionales Geschäft
- Spezifische Kontrollpunkte entscheiden über Erfolg und
Profitabilität
- Städte spielen eine zentrale Rolle und werden wichtige Partner
- Für die nötige Kompetenz sind Akquisitionen und Partnerschaften
unverzichtbar
Autonomes Fahren führt ab 2022 zu disruptiven Veränderungen in der
urbanen Mobilität. Dadurch wird der Automobil- und Mobilitätsmarkt
2030 ein völlig anderer sein. Die Marktteilnehmer werden dabei nicht
nur aus der Automobilbranche kommen. Auch Technologieunternehmen und
Mobilitätsdienstleister wollen sich einen Platz in dem neu
entstehenden Markt sichern - und haben damit in den letzten Jahren
bereits begonnen. Dies sind Ergebnisse aus der aktuellen Studie "The
Automotive Endgame", die die internationale Managementberatung Bain &
Company gerade veröffentlicht hat. Dabei werden zum einen die
Wertschöpfungskette der urbanen, autonomen Mobilität von morgen
analysiert, zum anderen Handlungsempfehlungen abgeleitet, mit denen
sich Hersteller und Zulieferer schon heute auseinandersetzen sollten.
Neue Verkehrskonzepte in Städten und Kommunen
Bereits ab dem Jahr 2022 werden in ersten Großstädten
selbstfahrende Elektroautoflotten in größerem Rahmen zum Einsatz
kommen. Angesichts der deutlich höheren Auslastung dieser Fahrzeuge
und der integrierten Verkehrsoptimierung durch Robo-Taxis lässt sich
die Zahl der Autos auf den Straßen bei konsequenter Umsetzung um mehr
als 40 Prozent reduzieren. In einer Stadt wie Berlin würden
Robo-Taxis im optimistischsten Szenario dann sogar 58 Prozent der
heute zurückgelegten motorisierten Personenkilometer übernehmen.
"Für die Städte ist dies ein hochattraktives Szenario", betont Dr.
Klaus Stricker, Autor der Studie und Co-Leiter der weltweiten
Automobil-Praxisgruppe von Bain. "Autonome Taxis verringern die
Verkehrsprobleme, weil weniger Autos unterwegs sind. Die Unfallzahlen
sinken, weil computergesteuerte Fahrzeuge sicherer fahren. Und nicht
zuletzt werden große innerstädtische Flächen frei, die bisher für
Parkplätze und Verkehr genutzt wurden." Die Autobauer können sich
dabei als enge Partner von Städten und Kommunen ins Spiel bringen.
Das allerdings ist ein schrittweiser und zeitintensiver Prozess.
Erste Großstädte wie Singapur oder Dubai haben aber bereits konkrete
Pläne.
Neue Profit Pools entstehen
Die Bedeutung dieses Wandels haben Automobilhersteller längst
erkannt. Es geht um zentrale Elemente der Technik wie Batterien, um
die Software selbstfahrender Autos, um die Kompetenz als
Mobilitätsdienstleister und in den entsprechenden Steuerungs- sowie
Optimierungsalgorithmen. Und es geht um die Fähigkeit, einen großen
Kundenstamm zu betreuen und als Robo-Taxi-Betreiber große Flotten in
Bewegung und in gutem Zustand zu halten. Rund um das
Flottenmanagement - also die Finanzierung, Bereitstellung, Wartung
und Reinigung der autonomen Fahrzeugflotte - entstehen neue Profit
Pools. Diese sind sowohl für Hersteller als auch für
Leasingunternehmen und Mietwagenfirmen interessant. Hier können die
Hersteller auf bestehende Kompetenzen ihrer Finanzdienstleister und
des verbundenen Handels aufbauen.
"Mit der autonomen Elektromobilität entsteht eine neue
Wertschöpfungskette, an der verschiedene Industrien teilhaben
wollen", erklärt Ralf Kalmbach, Co-Leiter der weltweiten
Automobil-Praxisgruppe von Bain. "Deshalb versuchen im Moment sowohl
Technologie- als auch Automobilunternehmen, strategische
Kontrollpunkte dieses neuen Geschäfts zu besetzen, und das meist über
Akquisitionen oder mithilfe von Partnern." So übernahm Chipgigant
Intel für 15 Milliarden US-Dollar MobilEye, den israelischen
Hersteller von Fahrassistenzsystemen. Ford und der chinesische
Internetkonzern Baidu investierten 150 Millionen US-Dollar in den
Lidar-Hersteller Velodyne. Und General Motors kaufte 2016 das
Start-up Cruise, das Systeme zum autonomen Fahren entwickelt.
Investiert wurde auch in Dienstleistungsunternehmen. Beispiele sind
die App-basierte Taxivermittlung MyTaxi von Daimler, die Beteiligung
von GM am Fahrdienstvermittler Lyft oder die Beteiligung von Toyota
an Uber.
Das margenträchtige Geschäft an der Kundenschnittstelle besetzen
In den nächsten drei bis fünf Jahren wird sich zeigen, welche
Unternehmen im Mobilitätsmarkt der Zukunft welche Position einnehmen
können. Technologiefirmen wie Uber, Lyft und Didi haben mit ihren
durch Venture Capital finanzierten "Ride-Hailing"-Angeboten den
Mobilitätsmarkt zuletzt regelrecht aufgerollt und dabei hohe Verluste
in Kauf genommen. Damit gelang es ihnen, sich im vorderen Teil der
Wertschöpfungskette erfolgreich zu positionieren. Wer im automobilen
Endspiel zu den Gewinnern gehören möchte, sollte auch im Bereich
Mobilitätsplattformen und Kundenschnittstelle präsent sein.
Verlieren werden diejenigen Autohersteller, die es nicht schaffen,
die kritischen Kontrollpunkte zu besetzen, und einen Platz
ausschließlich im hinteren Teil der Wertschöpfungskette einnehmen
können. Damit werden sie zu reinen Zulieferern für die
Mobilitätsplattformen degradiert. Denn bei den kommenden
Großaufträgen für die normierten Robo-Taxis werden ihnen großzügige
Rabatte abverlangt werden. "Speziell für die Autobauer steht viel auf
dem Spiel", so Kalmbach. "Wenn sie wie bisher nur Hersteller bleiben,
erwartet sie bei den Robo-Taxis ein margenarmes Geschäft."
Fahrassistenzsysteme ab 2030 auch für Massenmarkt interessant
Ab etwa 2020 werden erste hoch automatisierte Fahrsysteme als
Option auch für Privatkunden erhältlich sein. Wann und wo dies der
Fall sein wird, hängt nicht zuletzt von der jeweiligen Gesetzeslage
ab und wird deshalb regional sehr unterschiedlich sein. Anfangs
dürften die Fahrassistenzsysteme für einen Aufpreis von rund 10.000
Euro verkauft werden. Deshalb ist davon auszugehen, dass sich das
Angebot zunächst auf das Premiumsegment beschränkt. Doch durch
Skaleneffekte und technische Innovationen werden die Kosten um
jährlich 12 bis 15 Prozent sinken. Zum Ende des nächsten Jahrzehnts
dürften noch Mehrkosten von 1.000 bis 1.700 Euro anfallen - und damit
werden autonome Pkw auch für den Massenmarkt relevant.
Im Basisszenario von Bain ist bei den autonomen Fahrzeugen bis
2025 mit einem Marktanteil von 2 Prozent des Neufahrzeugabsatzes zu
rechnen, der bis 2030 auf 8 Prozent ansteigt. Fallen die Kosten für
selbstfahrende Autos schneller als erwartet und werden zudem von den
Städten neue Mobilitätssysteme zügiger eingeführt, könnte es bis 2030
sogar zu einer globalen Marktdurchdringung von bis zu 30 Prozent
kommen.
Mut gehört dazu
Noch ist nicht auszumachen, wer in diesem Endspiel die Nase vorn
haben wird. "Aus unserer Sicht ist vor allem das kundennahe Geschäft
relevant, denn von dort aus wird die Wertschöpfungskette
kontrolliert", so Autoexperte Stricker. "Tatsache ist, dass
Mobilitätsdienstleister in Zukunft als Umsetzungspartner der Städte
und als Vertragspartner der Endkunden wesentliche Kontrollpunkte des
Systems abdecken werden." Und mit Blick auf die Autobauer fügt er
hinzu: "Wer jetzt nicht handelt, verliert."
Es gilt bereits heute mit den relevanten Städten ins Gespräch zu
kommen, über ausgewählte Investitionen wesentliche Kontrollpunkte zu
belegen und die erforderlichen Fähigkeiten aufzubauen, um sich für
das nächste Jahrzehnt richtig zu positionieren. "Die
Weichenstellungen in den kommenden Jahren sind fundamental
entscheidend für den Erfolg in der neuen urbanen Mobilitätswelt", ist
Stricker überzeugt. "Und dies erfordert nicht nur schlüssige
Konzepte, sondern auch eine gehörige Portion Mut und Weitsicht."
Bain & Company
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sowie M&A - und das industrie- wie länderübergreifend. Gemeinsam mit
seinen Kunden arbeitet Bain darauf hin, klare Wettbewerbsvorteile zu
erzielen und damit den Unternehmenswert nachhaltig zu steigern. Im
Zentrum der ergebnisorientierten Beratung stehen das Kerngeschäft des
Kunden und Strategien, aus einem starken Kern heraus neue
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