(ots) - Sprache ist verräterisch. Manchmal verrät sie, dass
Protagonisten überfordert sind. Wenn etwa der Sprecher des
Bundesaußenministeriums nach der Verhaftung zweier weiterer Deutschen
in der Türkei verlauten lässt, der Albtraum setze sich fort, dann ist
das wenig hilfreich und für einen Berufsdiplomaten, der deeskalieren
muss, eine dürftige Leistung. Ein Albtraum ist das, was gerade
Wirbelstürme in den USA anrichten. Anders liegt es beim türkischen
Vize-Ministerpräsidenten Simsek. Er sagt: "Wir sind kein
Schurkenstaat." Das zeigt erstens: Er hat ein schlechtes Gewissen,
das lässt hoffen. Und zweitens kann man ihm entgegenhalten: Nein, die
Türkei ist kein Schurkenstaat, aber derzeit ist sie Absurdistan, weil
sie eine Schurkenregierung hat. Dass willkürliche Verhaftungen eine
Schande sind, dass Erdogan und seine Getreuen die Menschenrechte mit
Füßen treten, das ist ebenso abscheulich wie unübersehbar. Dennoch,
und so schwer es auch sein mag, muss das beherzigt werden, was
zurückhaltende Politiker empfehlen: die Brücken nicht gänzlich
abzubrechen, jedenfalls so lange nicht wie irgend vertretbar. Extrem
schwierig, aber einfache Politik existiert nur in Gestalt von
Sprüchen Links- und Rechtsextremer. Die Türkei ist Nato-Partner,
insofern lässt sich gegen Rüstungsexporte wenig einwenden. Rote
Linien wären allerdings dann überschritten, wenn Erdogan solche
Waffen gegen das eigene Volk einsetzt. Die EU darf sich nicht
demütigen lassen. Noch hat sie Mittel und Wege, Erdogan unter Druck
zu setzen, etwa durch Kürzung von Finanzhilfen. Er testet gerne
Grenzen aus. Die EU sollte den Spieß umdrehen.
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