PresseKat - Neue Westfälische (Bielefeld): Steuervermeidung der Großkonzerne Europas Doppelmoral Andreas Niesm

Neue Westfälische (Bielefeld): Steuervermeidung der Großkonzerne
Europas Doppelmoral
Andreas Niesmann, Berlin

ID: 1528712

(ots) - Es ist wie ein schlechter Witz, der immer wieder
aufs Neue erzählt wird. Internationale Großkonzerne aus der
Internetwirtschaft verdienen hierzulande Milliarden und zahlen
dennoch so gut wie keine Steuern. Apple, Google, Facebook, Airbnb -
die Liste ließe sich beliebig verlängern. Die Aufregung über die
Steuergestaltung der Internet-Giganten ist regelmäßig groß, geändert
hat sich bislang nur sehr wenig. Gewinne weltweit agierender Konzerne
müssen in jenem Land versteuert werden, in dem die Wertschöpfung
stattfindet. Bei Digitalkonzernen aber ist die Frage nach dem
Wertschöpfungstandort alles andere als leicht zu beantworten. Meist
verwalten Unternehmen ihre Patente in Tochtergesellschaften, die
ihren Standort in Steueroasen haben. Dort werden Minimalsteuern
abgeführt, während die Länder, in denen die Einnahmen erwirtschaftet
werden, leer ausgehen. Es ist gut, dass die Finanzminister von
Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland endlich gegen diese
unsägliche Praxis vorgehen. Und es ist begrüßenswert, dass Wolfgang
Schäuble und seine Kollegen dabei selbst vor einem radikalen Umbau
des internationalen Steuersystems nicht zurückschrecken. Die ins
Spiel gebrachte "Ausgleichssteuer" würde mit dem bisherigen Prinzip
der Gewinnbesteuerung brechen und die Umsätze der Unternehmen zur
Grundlage nehmen. Nach dem Willen der Minister sollen Google,
Facebook und Co. künftig dort zur Kasse gebeten werden, wo sie viel
verkaufen. Ihrer Steuergestaltung würden so Grenzen gesetzt. So
richtig dieser Vorstoß auch sein mag - er kostet die Minister wenig.
Die Unternehmen, die sie ins Visier nehmen, stammen nahezu alle aus
den USA. Gegen jene Firmen lässt sich von Europa aus leicht Politik
machen. Mindestens genausowichtig wäre es, auch gegen die
Steuergestaltung auf dem eigenen Kontinent vorzugehen. Ein




einheitlicher Unternehmenssteuersatz wäre ein Anfang - davon aber ist
die EU meilenweit entfernt. Allein der von Unternehmen zu zahlende
Körperschaftssteuersatz schwankt zwischen zehn Prozent in Bulgarien
und 33 Prozent in Frankreich. Und auch bei der Besteuerung von
Patenten machen sich europäische Länder gegenseitig Konkurrenz
anstatt Schlupflöcher zu schließen. Hier müsste die EU zu einer
einheitlichen Linie kommen. Dann könnte sie mit mehr Glaubwürdigkeit
Steuerehrlichkeit von US-Firmen verlangen.



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Datum: 11.09.2017 - 20:55 Uhr
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