(ots) - Das Thema: "Der verwirrte Wähler: Welche Partei
steht noch wofür?"
Eine Kanzlerin, die konservative Inhalte ihrer Partei aufgegeben
hat, ein Kanzlerkandidat, der an Eckpfeilern sozialdemokratischer
Türkeipolitik rüttelt. Grüne Politiker, die nach mehr Polizei rufen,
oder linke Politiker, die Asylbewerbern ein Gastrecht absprechen -
viele politische Positionen lassen sich nicht mehr eindeutig
bestimmten Parteien zuordnen. Die Zeit der klassischen
Lagerwahlkämpfe ist vorbei. Kaum eine mögliche Koalition zur Bildung
einer Regierung wird ausgeschlossen. Kein Wunder, dass sich die
Hälfte der Wähler kurz vor der Bundestagswahl noch nicht für eine
Partei entscheiden kann.
Die Gäste:
Johannes B. Kerner (TV-Moderator) Anja Reschke (ARD-Moderatorin)
Ole von Beust, CDU (ehemaliger Hamburger Bürgermeister) Ralf Stegner,
SPD (stellvertretender Bundesvorsitzender) Jan Fleischhauer
("Spiegel"-Journalist) Michael Kunert (Geschäftsführer Infratest
dimap)
Johannes B. Kerner
Der Fernsehmoderator ist enttäuscht vom bisherigen Wahlkampf. "Es
fällt schwer, Unterschiede zwischen den Parteien auszumachen. Mit
richtigem Kampf um die besten Ideen hat das nichts zu tun." Außerdem
kritisiert der 52-Jährige: "Die Parteien denken häufig nur von einer
Umfrage zur nächsten und kümmern sich zu sehr um mögliche
Koalitionen." Johannes B. Kerner wünscht sich stattdessen, dass die
Parteien einen langfristigen Plan für Deutschland entwerfen und zehn
oder 20 Jahre vorausdenken.
Anja Reschke
"Die Klage, dass Parteien für nichts mehr stehen, kenne ich, seit
ich wählen darf, also seit Ende des Kalten Krieges", sagt die
Journalistin. Sie frage sich, ob es überhaupt schlimm sei, wenn die
Politik sich mehr an Herausforderungen als an Ideologien orientiere.
Dennoch beobachtet die Moderatorin des ARD-Politmagazins "Panorama"
eine Krise der Demokratie, weil sich Teile der Wähler und Politiker
immer mehr voneinander entfremdet hätten. Der AfD sei zwar zugute zu
halten, dass wieder mehr Menschen wählen gingen, doch dass sie die
Demokratie beleben könne, glaubt Anja Reschke nicht: "Bisher konnte
ich nicht erkennen, dass AfD-Politiker konstruktiv am demokratischen
Prozess mitwirken. Es klingt oft mehr danach, als sei ein kompletter
Umsturz das Ziel."
Ole von Beust
Der langjährige Erste Bürgermeister Hamburgs verteidigt Angela
Merkel gegen konservative Kritik, auch ihren Schwenk bei der "Ehe für
alle": "So ist eben der gesellschaftliche Wandel. Und es gibt doch
nichts Konservativeres als die Ehe." Er beobachte auf seinen Reisen,
dass Deutschland selbst in Oberbayern oder Franken "erheblich
liberaler und offener ist, als man glaubt". Ole von Beust plädiert
für eine Koalition mit der FDP nach der Wahl, "auch wenn ich ein
Freund von Schwarz-Grün bin".
Ralf Stegner
"Die Kanzlerin hat keine Idee von der Zukunft", beklagt der
SPD-Landesvorsitzende von Schleswig-Holstein. Sie pflege eine
minimalistische Form des Auftritts, und das sei leider teilweise
wirkungsvoll. "Aber inhaltlich hat sie wenig zu bieten", sagt Ralf
Stegner. "Für mich sind Union und SPD die beiden Kanzlerparteien, die
darüber streiten müssen, wer die Bundesrepublik führt. Wir kämpfen
weiter um Platz eins", bekräftigt der SPD-Vize trotz schlechter
Umfragewerte für seine Partei. "Unser Wahlziel ist, dass Martin
Schulz Kanzler wird - daran arbeiten wir mit aller Kraft bis zum
Wahltag um 18 Uhr."
Jan Fleischhauer
"Die CDU ist unter Merkel vergrünt und sozialdemokratisiert",
konstatiert der Spiegel-Kolumnist. "Wer CDU wählt, bekommt SPD pur."
Das TV-Duell habe gezeigt, dass sogar die SPD nicht wisse, was sie
der Kanzlerin vorwerfen solle. Die politischen Lager seien nur noch
schwer erkennbar, so der Bestsellerautor. Viele bürgerliche Wähler
fragten sich, was sie wählen sollen, wenn sie sich wieder eine
Opposition im Bundestag wünschen. "Die interessante Frage wird sein,
wie AfD und FDP abschneiden", sagt Jan Fleischhauer und prophezeit,
dass beide Parteien stärker würden, als es die Umfragen abbilden.
Michael Kunert
Die Bundestagswahl sei noch keinesfalls entschieden, sagt der
Wahlforscher, der seit Jahren mit Infratest dimap die Wahlprognosen
für die ARD erstellt. Ein Drittel der Wähler würde sich erst am
Wahlwochenende entscheiden. "Die Identifikation mit Parteien nimmt
ab." Auch die traditionellen Verbindungen in den politischen Lagern
fielen weg, analysiert Michael Kunert: "Beispielsweise findet
Kanzlerin Angela Merkel bei den Grünen mehr Zuspruch als
SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz."
"Maischberger" ist eine Gemeinschaftsproduktion der ARD,
hergestellt vom WDR in Zusammenarbeit mit der Vincent TV GmbH.
"Maischberger" im Internet unter www.DasErste.de/maischberger
Redaktion: Elke Maar (WDR)
Pressekontakt:
Agnes Toellner, Presse und Information Das Erste,
Tel: 089/5900 23876, E-Mail: agnes.toellner(at)DasErste.de
Felix Neunzerling, ZOOM MEDIENFABRIK GmbH,
Tel.: 030/3150 6868, E-Mail: FN(at)zoommedienfabrik.de
Original-Content von: ARD Das Erste, übermittelt durch news aktuell