(ots) - Sie war mit Spannung erwartet worden, die Rede
von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Sie ist dieser
Spannung gerecht geworden. Juncker hat klare Worte gefunden:
Einigkeit statt Spaltung, eine feste Haltung zur Türkei, Angleichung
der Standards in West und Ost, die Ausweitung des Schengenraums,
legale Migration und den Euro für alle EU-Länder. Juncker zeigt den
Reformwillen, den die EU so lange vermissen ließ. Doch muss ein
Stirnrunzeln gestattet sein. Seine Worte waren von jener Euphorie
durchdrungen, die schon die Gründerväter der Staatengemeinschaft
prägte. Vom Glauben an ein Europa, das weltweit als Global Player
auftritt - wirtschaftlich und politisch. Glaube und Euphorie haben,
mit Verlaub, in der EU-Historie hier und dort den Blick auf
Realitäten und Probleme vernebelt. Das hat Brüssel zum Beispiel in
der Eurokrise bestürzt festgestellt. Hatte die EU etwa Länder in die
Eurozone aufgenommen, die nie vorhatten, sich an die Spielregeln zu
halten? Zuletzt zeigte in der Flüchtlingsfrage das Gebaren
osteuropäischer Staaten, denen selbst EU-Urteile egal sind, dass die
vielleicht zu schnelle Erweiterung der Gemeinschaft gen Osten auch
eine Schattenseite hat. Nun spricht Juncker wieder von Erweiterungen,
unter anderem beim Euro-Raum. Wachsen um jeden Preis, hört man als
Devise heraus. Doch haben wir dafür den richtigen Zeitpunkt? Oder
muss nicht zunächst der Kern der EU stabilisiert werden? Die Briten
treten aus, in vielen Staaten wird europafeindlich gewählt. Und
Brüssel ruft: Wir müssen größer werden. Hier ist Vorsicht geboten.
Sonst setzen die EU-Architekten ein neues Stockwerk auf ihr Haus,
während unten tiefe Risse das Fundament durchziehen. Das wäre fatal,
denn die EU lohnt sich.
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