(ots) - Es gibt Momente, da offenbart sich die
politisch-moralische Fitness einer Weltmacht während einer einzigen
Rede. Gemessen an dem, was Donald Trump bei seinem ersten Auftritt
auf der Weltbühne der Vereinten Nationen hinterließ, kann man von
beängstigendem Trainingsrückstand sprechen. Während seiner überlangen
Rede hat der US-Präsident in einer Kernfrage die klassischen,
mühseligen und oftmals erfolglosen Instrumente multilateraler
Diplomatie in den Senkel gestellt. Stattdessen nutzte er die
Generalversammlung als Plattform für Cowboy-hafte Drohungen. Seinen
Anhängern wird der martialisch-rhetorische Angriff auf Nordkorea und
Iran, die von Trump de facto mit einem Haltbarkeitsdatum versehen
wurden, gefallen haben. Das Heer der Diplomaten, die sich unter dem
Dach der UN um den Zustand des Planeten kümmern, erfasste dagegen ein
Schrecken. Hatte nicht schon George W. Bush ähnlich argumentiert, als
er 2002 (damals noch mit Irak) die gleichen Länder auf der "Achse des
Bösen" verortete? Das Ergebnis ist bekannt. Mit jeder Minute, die
Trump nutzte, um Pjöngjang und Teheran maßlos im Ton als die
Oberschurken schlechthin zu brandmarken und ihnen bis zur "völligen
Zerstörung" Vergeltung anzudrohen, wurde der Widerspruch zu einem
anderen Eckpfeiler im Weltbild des gelernten Immobilien-Unternehmers
deutlich: Nationale Souveränität, die Akzeptanz von Verschiedenheit,
die Verpflichtung zur Nichteinmischung in auswärtige Angelegenheiten
- laut Trump höchste Güter im Zusammenleben der Völker - hat Grenzen,
wenn in Washington ein Mann die Notwendigkeit zum militärischen
Eingreifen sieht. In Peking und Moskau, wo sich beide Führer den Weg
nach New York sparten, kann man sich die Irritation über Trumps
"Raketen-Mann"-Rhetorik leicht ausmalen. Im Sicherheitsrat haben
China und Russland bisher den US-Kurs gegen Kim Jong Un mitgetragen.
Für die Vernichtungs-Rhetorik geben sie sich nicht her. Mit seiner
bellizistisch geprägten Rede hat Donald Trump auch das
leidenschaftliche und zugleich besonnene Plädoyer von
UN-Generalsekretär Antonio Guterres für eine diplomatische Lösung im
Konflikt um Nordkorea zur Nullnummer gemacht. Danach sieht es nun
noch weniger aus. In einen Krieg zu "schlafwandeln", wie der
Spitzenmann der Vereinten Nationen gewarnt hatte, ist seit Trumps
Rede in den Bereich des Möglichen gerückt.
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