(ots) - Da ist es nun also, das Schulentmündigungsgesetz, das
die Koalitionsfraktionen auf Grundlage von Gesprächen des
Bildungsministeriums mit den Betroffenen, an denen sie gar nicht
teilgenommen haben, vorbereitet haben. Die Regierung spart sich
dadurch die sonst obligatorische Verbändeanhörung. In ihrem
Landtagswahlprogramm forderte die CDU: "Mehr Eigenverantwortung für
unsere Schulen". Dies ist nun also der erste Gesetzentwurf, in dem
wir sehen, wie Sie sich das vorstellen. Die FDP hatte den Gymnasien
eine Wahlmöglichkeit versprochen. Nun gibt sie sich mit einer
Wahlmöglichkeitssimulation zufrieden. Wo ist denn da die
Entscheidungsfreiheit, wenn ich 75% der Stimmen brauche und das Ganze
dann noch unter den Letztentscheid der Ministerin gestellt wird? Wenn
im Landtag oder im Bundestag Landesverfassung bzw. Grundgesetz
geändert werden sollen, bedarf es einer Mehrheit von 66,6 %. Das ist
auch richtig so, damit die Grundlage aller Politik und Verwaltung in
unserem Land nicht mit knappen Zufallsmehrheiten ständig verändert
werden kann. Ich kann mich aber weder in Schleswig-Holstein noch in
irgendeinem anderen Bundesland, geschweige denn im Bund, daran
erinnern, statt der Zweidrittel-Mehrheit eine Dreiviertel-Mehrheit zu
verlangen - übrigens auch nicht bei Volksabstimmungen. Und es ist ja
noch schlimmer: 75 Prozent sind nicht etwa erforderlich für eine
Änderung, sondern für die Fortsetzung des eingeschlagenen Weges. Es
ist rein unmöglich, für eine solche absurd hohe Hürde irgendeine
sachliche Begründung zu finden. Die einzige, die ich inzwischen
ermitteln konnte, lautet: Herr Günther wollte das so. Und die Grünen,
denen in der Vergangenheit der Bildungsdialog wichtig war und das
Mitnehmen der relevanten Akteure? Sie nehmen hin, dass Dialog im
Flaschen-Format geführt wird. "Sprechen Sie ihre Anregungen bitte in
diese Flasche. Wir hören sie uns dann später an." In "Schule aktuell"
werden in großen Worten Gespräche angekündigt. Den September wolle
man sich dafür nehmen. Parallel wird vom Ministerium - pardon, von
den Fraktionen - aber schon ein Gesetzentwurf vorgelegt. Ein Witz,
und nicht einmal ein guter. Dialog war gestern, jetzt wird
durchregiert!
Wir gehen mit fünf Forderungen in das weitere Beratungsverfahren:
1. Lassen Sie die Günther-Hürde von 75 Prozent fallen und
ermöglichen Sie echte demokratische Entscheidungsprozesse an den
Gymnasien. Wir haben dazu einen Vorschlag vorgelegt, den wir mit in
die Anhörung geben wollen.
2. Stehen Sie zu Ihrer Verantwortung! Die Schulträger müssen neues
Unterrichtsmaterial anschaffen, neue Räume bauen und ihre Gymnasien
vergrößern. Schulentwicklungsplanungen sind wegen der
CDU-Zickzack-Politik hinfällig. Jetzt übernehmen Sie gefälligst auch
die entstehenden Kosten.
3. Beteiligen Sie die Schulträger ernsthaft! Es kann ein
sinnvolles Anliegen sein, bei zwei Gymnasien im Ort beide
Möglichkeiten vorzuhalten. Es kann vor Ort Überlegungen zur
Schulentwicklung geben, die mehr Nachhaltigkeit und Ernsthaftigkeit
verdienen, als Sie ihnen zubilligen.
4. Verlieren Sie über Schulsystemänderungen von zweifelhaftem
Nutzen nicht die wichtigen Themen aus dem Auge! Es spricht Bände,
dass wir am Mittwochvormittag über G9 debattieren müssen, und über
Ganztagsschule und Digitalisierung erst am Freitagnachmittag reden
dürfen.
5. Nutzen Sie "Schule aktuell" meinetwegen, um ihre
Regierungspolitik zu verkaufen. Aber verzichten Sie darauf, die
Leserschaft hinter die Fichte zu führen.
Pressekontakt:
Pressesprecher: Heimo Zwischenberger (h.zwischenberger(at)spd.ltsh.de)
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