(ots) - Man schrieb das Jahr 2009, und es schien fast wie
ein Traum: Schwarz-Gelb. "Die", so dachten viele Bürger, "müssen sich
doch ganz doll lieb haben." Ein Jahr später erklärte Daniel Bahr,
Gefolgsmann Christian Lindners, die CSU trete auf wie eine Wildsau,
und Alexander Dobrindt, seinerzeit CSU-Generalsekretär, mutmaßte, die
FDP sei eine Gurkentruppe. Dumm gelaufen. Ist es da nicht weitaus
besser, dass sich Union, FDP und Grüne lieber jetzt, bevor es
losgeht, argwöhnisch belauern, nachdem im Wahlkampf Fetzen flogen?
Gesunde Skepsis statt Schalmaien: Jamaika kann doch trotzdem kommen,
vielleicht gerade deshalb, weil man nicht als Traumkonstellation
startet. Vernunftehen sind manchmal ganz besonders wetterfest. Wobei:
"Mal was Neues" ist natürlich noch kein Wert an sich. Die alte GroKo
lieferte weit besser, als es ihr mäßiger Ruf vermuten ließe. GroKo
würde auch jetzt wieder funktionieren, jedoch: Es geht nicht mehr,
nicht um den Preis, dass die Union 2021 womöglich bei 28, die SPD bei
17 und die AfD bei 18 Prozent stünde. Da ist Jamaika als Experiment,
und das wäre es auf Bundesebene mit allen Risiken des Scheiterns,
deutlich besser. Jamaika hätte die Chance, die Hirne aller
Beteiligten zu durchlüften. Das ist nie verkehrt. Wer unbedingt
euphorisch werden möchte, mag gar von "Aufbruch" sprechen, wobei der
natürlich nicht so sein kann wie damals bei Willy Brandt. Nichts kann
mehr so sein wie bei Willy Brandt. Dennoch: Die Protagonisten des
Jahres 2017 werden ganz neue Seiten an sich kennenlernen, wenn sie es
klug anstellen. Wenn die Grünen gezwungen sind, ihre Energiepolitik
am Maßstab der FDP und die CSU ihre Flüchtlingsobergrenze an den
Vorstellungen Angela Merkels zu überdenken, mag sich die Erkenntnis
festigen, dass Realpolitik nicht ohne Kompromisse geht. Die dürfen
allerdings nicht faul sein, nicht wie in Hessen. Dort läuft
Schwarz-Grün vor allem deshalb, weil die Öko-Partei beim Fluglärm
zulasten der Bürger so viele Kröten schluckt, wie man es vom
Heimatverband Joschka Fischers niemals erwartet hätte. Grüne und FDP
werden im Übrigen noch gar nicht am Tisch sitzen, wenn der härteste
Teil der Koalitionsverhandlungen über die Bühne geht. Dieser Teil
heißt: Seehofer gegen Merkel. Dann will der Bayernkönig seinen
Untertanen nämlich wieder einmal weismachen, es sei ihm wurscht, wer
unter ihm als Kanzlerin agiert. 2018 wird der Landtag zu München neu
gewählt. Da droht dem Seehofer der Verlust der absoluten Mehrheit und
- fast schlimmer noch - es droht ihm der Möchtegern-Königsmörder
Markus Söder. Und im Vergleich zu dem redet Seehofer fast lieber mit
Cem Özdemir. An Seehofer sollte Jamaika letztlich nicht scheitern.
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