(ots) - Wie bereits berichtet, soll fast unbemerkt ein Gesetz
verabschiedet werden mit dem EuGH- und OGH- Urteile ausgehebelt
werden. Der Spätrücktritt von Lebensversicherungsverträgen soll nun
verhindert werden obwohl die Rücktrittsbelehrung gefehlt hat oder
falsch war. Unbeachtet war aber bis jetzt, dass der entsprechende
Antrag durch den Anwalt einer namhaften Versicherung gestellt wurde,
den SPÖ Justizsprecher Hannes Jarolim. Dieser Antrag wurde von ihm
eigenhändig unterfertigt und am 20.09.2017 eingebracht. Besonders
brisant ist, dass Jarolim diese Versicherung in derartigen Verfahren
aktuell vor österreichischen Gerichten vertritt. Die Unvereinbarkeit
der Interessen zu Lasten zig-tausender Konsumenten ist unübersehbar.
Mit dem Gesetzesantrag schrieb Jarolim als von der Versicherung
bezahlter Rechtsanwalt einen für die Versicherer maßgeschneiderten
Gesetzesentwurf, der den von Gerichten bestätigten (!) Forderungen
der Versicherungsnehmer einen Riegel vorschieben soll. Ganz
offensichtlich wurde den Versicherungen in den letzten Monaten der
Druck zu groß. Zu viele österreichische Gerichte haben sich den
Mutterurteilen des EuGH und OGH angeschlossen und den Versicherten zu
ihrem Recht verholfen. Als Konsequenz der fehlenden oder falschen
Rücktrittsbelehrungen wurden diese Verträge aufgehoben und mussten
die Prämien samt 4% Zinsen zurückgezahlt werden.
Besonders pikant ist deshalb die Begründung für den
Gesetzesantrag. Sowohl die Entscheidungen des EuGH, des OGH und der
österreichischen Gerichte werden verschwiegen. Dies gilt insbesondere
für die Leitscheidung des EuGH! Als Hauptargument für das Gesetz wird
angeführt:
Durch die vorgeschlagene Vereinheitlichung des Rücktrittsrechts
soll in Zukunft vermieden werden, dass eine Falschbelehrung zum
Spätrücktritt von einem Versicherungsvertrag führen kann.
Dies widerspricht aber völlig dem Spruch des EuGH und des OGH zum
Schutz der Konsumenten. Denn genau das Gegenteil wurde von den
Gerichten unmissverständlich ausgesprochen! Wenn die Versicherung
unrichtig belehrt, kann der Konsument unbefristet zurücktreten! Eine
fehlerhafte Rücktrittsbelehrung wäre nun - folgt man den
Gesetzesentwurf - völlig sanktionslos, das EU-Effektivitätsgebot kalt
gestellt. Damit könnten Versicherungen die Konsumenten nach Belieben
über grundlegende Rechte in die Irre führen ohne dass dies eine
Konsequenz für sie hätte. Somit wären länger in der Vergangenheit
liegende, mangelhafte Rücktrittsbelehrungen reingewaschen.
Dieses Gesetz ist daher der Wunschtraum der Versicherungen. Es
wurden die Interessen der Versicherungsnehmer nicht einmal erwähnt,
geschweige denn berücksichtigt oder den Interessen der Versicherer
gegenübergestellt. Ob das Gesetz nicht ohnehin krass
europarechtswidrig ist und daher über kurz oder lang wieder beseitigt
wird, sei dahin gestellt. Was bleibt ist das Wissen, dass der Anwalt
einer österreichischen Versicherung sein vermeintlich freies
Nationalratsmandant nutzt um ein Gesetz alleine im Interesse der
Versicherung zu initiieren.
All dies ist umso unverständlicher als es zum zentralen
Selbstverständnis der SPÖ gehört, dem "kleinen Mann" eine Stimme und
sein Recht zu verschaffen. Nur mit dem nachträglichen Rücktritt von
den Versicherungsverträgen war es den Konsumenten bisher möglich sich
gegen die falschen Belehrungen der Versicherungen zu wehren. Offenbar
wurde dies den Versicherungen nun zu teuer. Sollte dieses Gesetz
beschlossen werden ist ein Spätrücktritt trotz falscher Belehrung
nicht mehr möglich und auch Fondverluste soll bei Rücktritten ab
sofort der Versicherungsnehmer tragen. Der Versicherungsnehmer soll -
wie vor dem EuGH-Urteil - wieder nur den geringen Rückkaufswert
erhalten. Dies spart den Versicherern zu Lasten von Millionen von
Versicherungsnehmern Milliarden Euro. Die Frage, warum sich die SPÖ
in der Person des Versicherungsanwaltes Hannes Jarolim jetzt kurz vor
der Nationalratswahl derart kostspielig gegen die Konsumenten stellt,
wird sie beantworten müssen.
Als wäre diese Vorgangsweise nicht schon fragwürdig genug, wurde
bei diesem Plan taktisch klug auch der VKI, der eigentlich gegen
derartige Gesetzesvorschläge Sturm laufen sollte, nicht vergessen.
Mit ihm verhandeln die Versicherungen derzeit eifrig an einem Deal,
der aber auf dessen Kunden beschränkt ist. Was dann für die
Versicherungen bleibt ist ein überschaubares Risiko mit geringem
Schaden. Die Frist für die Einreichung lief beim VKI am 15.09.2017
aus.
Nur fünf Tage nach Ablauf der Frist wurde der fragliche
Gesetzesentwurf eingebracht. Es sollte also für VKI-Kunden ein
Spezialpaket geschnürt werden. Dafür hält der VKI still. Er möchte
die Forderungen seiner Kunden durchbringen. Dies ist zwar
verständlich, aber könnte man schon erwarten, dass der VKI auch
mitgliederübergreifend die Interessen aller österreichischen
Konsumenten wahrt. Als Dankeschön und Zuckerl für die Bezahlung der
Forderungen der VKI-Kunden bekommen die Versicherungen ein
Spezialgesetz, das die Rücktrittsforderungen der anderen Millionen
Versicherungsnehmer verhindern soll. Diese "anderen"
Versicherungskunden verlieren dadurch ihre Ansprüche. Die
Versicherungen können aufatmen. Dies ist das Ergebnis des
SPÖ-Gesetzesentwurfs.
Autor: Rechtsanwalt Dr. Norbert Nowak vertritt tausende
Versicherungsnehmer und führt erfolgreich Prozesse gegen
Versicherungskonzerne bei Gericht
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