PresseKat - Börsen-Zeitung: Personalwechsel nötig, Kommentar zu Katalonien von Thilo Schäfer

Börsen-Zeitung: Personalwechsel nötig, Kommentar zu Katalonien von Thilo Schäfer

ID: 1536249

(ots) - Der territoriale Konflikt in Katalonien steht
seit Sonntag auf der internationalen Agenda und sorgt auch für
wachsende Nervosität an den Finanzmärkten. Die Bilder des brutalen
Vorgehens der Polizei gegen ein verbotenes Referendum über die
Unabhängigkeit von Spanien sind ein Sieg für die Separatisten. Die
spanische Regierung wollte die Abstimmung um jeden Preis verhindern.
Dieses Ziel war schon in den frühen Morgenstunden des Sonntags
verfehlt, als sich vor vielen Wahllokalen Schlangen bildeten. Doch
der überharte Eingriff der aus dem Rest des Landes nach Katalonien
verlegten Sicherheitskräfte gab der Sache einen völlig anderen
Anstrich.

Dieser Fehler ist noch tragischer, wenn man das Ergebnis der
Abstimmung betrachtet, das die katalanische Regierung bekannt gab.
Mit etwas über zwei Millionen Stimmzetteln nahmen 42% der
Wahlbevölkerung an dem Referendum teil und das Ja für die Abspaltung
erhielt 90%. Das belegt einmal mehr, dass die Unabhängigkeitsbewegung
in Katalonien sehr stark, jedoch weit entfernt von einer
überzeugenden Mehrheit ist. Die Vorfälle vom Sonntag werden den
Separatisten aber kaum Anhänger abspenstig gemacht haben - im
Gegenteil.

Ein Ausweg in der jetzigen Konstellation scheint beinahe
unmöglich. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy verschanzt sich
hinter der bestehenden Rechtslage und setzt offenbar mehr auf die
Polizei und die Gerichte als auf politisches Geschick. Rajoy ist der
ideenlose Chef einer konservativen Partei, der das rechte Spektrum
ihrer Wählerschaft immer schon wichtiger war als das Land. Sonst
hätte er wohl kaum den Imageverlust Spaniens billigend in Kauf
genommen. Auf der anderen Seite geht der katalanische Regierungschef
Carles Puigdemont durchaus gestärkt hervor und dürfte nun kaum von
seinem Konfrontationskurs ablassen. Eine internationale Vermittlung,




wie sie Puigdemont jetzt fordert, ist eher unwahrscheinlich, aber
mehr diplomatischer Druck wäre wünschenswert.

Nun gilt abzuwarten, ob die Separatisten gleich die Unabhängigkeit
erklären oder noch Zeit für Verhandlungen einräumen. Sollten diese
nichts bringen, käme es wohl zu Neuwahlen, bei denen Puigdemont die
derzeitige hauchdünne Mehrheit verteidigen müsste. Die Opposition im
spanischen Parlament hat es derweil in der Hand, die
Minderheitsregierung von Rajoy zu stürzen und ebenfalls Neuwahlen zu
erwirken. Eine Verständigung ist wahrscheinlich nur mit einem
Personalwechsel auf beiden Seiten möglich.



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Datum: 02.10.2017 - 20:45 Uhr
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