(ots) - Wer möchte in diesen Tagen schon in der Haut von
Horst Seehofer stecken? Die desaströse Niederlage kam unerwartet,
aber nicht unverdient. Der innerparteiliche Machtkampf mit Markus
Söder wirkt nicht nur kleinlich, er ist es auch. Es kämpft ein Mann
gegen den Verfall seiner politischen Würde. Seehofer und die
Obergrenze sind nur noch Mittel zum Zweck. Der CSU-Vorsitzende, der
so groß und stark in Erinnerung bleiben wollte wie Franz Josef
Strauß, steht angstschlotternd da und wartet, dass ihn Angela Merkel
und die eigene Partei noch mitspielen lassen. So sieht's aus.
Seehofer braucht Merkel. Nur dadurch ist er noch von Gewicht. Für die
einst stolze CSU ist das eine schreckliche Erkenntnis. Er fordert von
ihr Strategierunden, weil das gewichtig klingt. Er braucht
Taktikabstimmungen, weil die CSU nicht mehr wirklich mit einer
Trennung der Unions-Gemeinschaft drohen kann. So gesehen ist die
Kanzlerin besser dran. Sie hat trotz eines miserablen Wahlergebnisses
noch eine echte Chance. Handelt sie jetzt stark und überraschend,
dann kann das Projekt Ãœbergang mit Abgang noch zu ihren Bedingungen
gelingen. Viel Zeit bleibt nicht, allzu groß darf die Rücksichtnahme
auf Seehofer nicht sein. Im Wahlkampf hat Merkel ein ihr fremd
gewordenes Deutschland mit Protesten und vielen liegengebliebenen
Problemen kennengelernt. Je anerkannter und unverzichtbarer sie in
der Welt erschien, desto prekärer entwickelte sich ihre Machtbasis im
Inneren. Gelingt es ihr, jetzt nicht mehr so zu handeln, wie es in
zwölf Jahren "typisch Merkel" war, dann gibt es eine Alternative zum
Niedergang à la Seehofer und Kohl. Das verlangt aber drei Mal Merkels
Mut. Sie müsste innerparteilich vermeintliche Gegner einbinden. Nur
so kann der Blick auf das frei werden, was nach ihr kommt. Ein
Generalsekretär Jens Spahn wäre ein entsprechendes Signal. Thematisch
müsste sie die CDU mitten rein stellen, die Basis fragen und nicht
nur zum Abnicken besuchen. Begriffe wie Heimat, Konservatismus und
Sicherheit kann man entideologisieren und die Jamaika-Chance für ein
bürgerliches Klima nutzen. Und sie sollte klarstellen, dass Partei
und Regierung zu trennen sind und sie selbst ihre letzte
Spitzenkandidatur erledigt hat. Die Chance, eine neue Ära zu starten,
ist für die Union besser als für die Konkurrenz. Die SPD will sich
links einsortieren; die Grünen drohen sich zu überstrapazieren; die
FDP ist mit sich selbst beschäftigt; die AfD ist vielleicht doch nur
ein vorübergehendes Phänomen.
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