(ots) - Deutsche Autofahrer, die etwa im Italien-Urlaub oder
beim Ausflug in die Niederlande zu schnell unterwegs sind und ein
Knöllchen erhalten, werden immer öfter auch in der Bundesrepublik zur
Kasse gebeten. Lag die Zahl der Ersuchen aus dem EU-Ausland beim
zuständigen Bundesamt für Justiz in Bonn im Jahre 2010 gerade einmal
bei sechs Verfahren, ist ihre Zahl bis 2016 auf 11537 Ersuchen
geklettert.
Schuld daran, dass diese unliebsamen Souvenirs auch in Deutschland
Gültigkeit haben, hat ein europäischer Rahmenbeschluss über die
gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen. Darauf hatten
sich die Mitgliedsstaaten der EU 2005 geeinigt. Im Oktober 2010 wurde
dieser Beschluss in deutsches Gesetz übernommen. Nur Griechenland ist
bislang außen vor, da das Land den EU-Beschluss noch nicht in ein
nationales Gesetz überführt hat.
Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) rät Autofahrern
dringend, die Knöllchen aus dem Ausland nicht zu ignorieren. Sollten
die Bußgeldbescheide Hand und Fuß haben, sei es ratsam, diese zu
bezahlen - ansonsten drohen bei der erneuten Einreise ins betreffende
Land Probleme. Denn rechtskräftige Bußen bleiben weiterhin
vollstreckbar und verjähren in Italien zum Beispiel erst nach fünf
Jahren, in Spanien nach vier Jahren, wie der Verkehrsclub betont. Zu
einer späteren Vollstreckung der Buße im Ausland könne es etwa bei
einer Verkehrskontrolle kommen oder auch bei der Passkontrolle am
Flughafen des Ziellandes.
Um durchschnittlich 38 Prozent sei das Fallaufkommen pro Jahr
zwischen 2011 und 2016 gestiegen, wie das Bundesamt mitteilt. Nicht
nur ausländische Staaten versuchen deutsche Verkehrssünder zu
belangen, umgekehrt sind auch deutsche Stellen daran interessiert,
von niederländischen, italienischen oder spanischen "Rowdys" Bußen
einzutreiben. So stiegen auch die von Deutschland ausgehenden Ersuche
in andere EU-Staaten stark an, von 1802 im Jahr 2011 auf zuletzt 7405
in 2016. Vor diesem Hintergrund wurde das Personal im Bundesamt
aufgestockt. "Der Personalbestand in dem für die Bearbeitung der
Verfahren zuständigen Bereich des Hauses wurde den wachsenden
Fallzahlen angepasst", heißt es dazu aus Bonn.
Berechtigte Geldbußen werden dabei aus allen Rechtsbereichen
vollstreckt, in der überwiegenden Masse geht es jedoch um klassische
Verkehrsverstöße. Ab einer Bußgeld-Höhe von 70 Euro wird eine
Halterfeststellung beim Kraftfahrbundesamt erwirkt, anschließend
erhält der Autofahrer Post.
Erfolgt darauf keine Reaktion, wird das Bundesamt für Justiz
eingeschaltet: "Ist das Ersuchen zulässig, hören wir den Betroffenen
an, der innerhalb von zwei Wochen Einwände gegen die Vollstreckung
vorbringen kann. Mit Übersendung des Anhörungsschreibens besteht
allerdings auch die Möglichkeit, die offene Geldsanktion zu bezahlen,
ohne dass eine Zwangsvollstreckung eingeleitet wird."
Denn am Ende können die Verfahren vor dem Amtsgericht landen. Und
dann dürfte es teuer werden. Zumal bei den Geldbußen die Tarife des
Urlaubslandes gelten, die nicht nur bei Tempo-Verstößen deutlich
höher liegen als in Deutschland. Ein Beispiel: Wer 20 km/h schneller
unterwegs ist als erlaubt, kommt in Deutschland mit bis zu 35 Euro
Verwarnungsgeld davon. In Italien werden mindestens 170 Euro fällig,
in Norwegen sogar mindestens 420 Euro. Bei einer Radarkontrolle mit
Foto beispielsweise ist die Beweislage ziemlich klar.
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Autoren: Hans-Karl Reintjens und Marcel Sroka
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